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Donald Trump sieht sich in den nächsten Tagen mit einigen Machtfragen konfrontiert.

© Brendan Smialowski/AFP

Update

USA: Kommt Donald Trump in der politischen Realität an?

Richter stoppen Dekrete, Vertraute räumen wichtige Posten, Mehrheiten im Kongress fehlen: Welche Wahlversprechen kann der US-Präsident einlösen?

Seit der Vereidigung als 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika durchläuft Donald Trump einen permanenten Realitätstest. Seine Wahlkampfversprechen waren forscher und gingen weiter als die üblichen Flunkereien, wenn Politiker um Wählerstimmen werben. Wie viele davon kann er erfüllen, wie viele erweisen sich als leere Worte?

Seine Dekrete zum Einreiseverbot für Muslime stoppten die Gerichte. Für die Rückabwicklung der Gesundheitsreform Barack Obamas fand sich im Kongress bisher keine Mehrheit. Die Anläufe zur Steuerreform stoßen auf Widerstände in der Wirtschaft und bei Republikanern. Das gilt auch für das Staatsbudget. Trump möchte mehr Geld fürs Militär und für die Infrastruktur ausgeben, bietet aber keine Einsparungen in gleicher Höhe an. Eine weitere Erhöhung der Schulden will seine Partei nicht mitmachen.

In dieser Woche erlebt der Präsident bei fünf weiteren Machtfragen „Stunden der Wahrheit“. Zwei betreffen die Außenpolitik, drei die Innenpolitik. Eine dürfte mit einem Triumph enden, freilich zu hohen Kosten. Bei den anderen sind rasche, sichtbare Erfolge unwahrscheinlich.

Syrien: Verschafft Trump den USA mit einer Intervention Respekt?

Im Wahlkampf hatte Trump beklagt: „Niemand hat mehr Respekt vor Amerika. Mit mir wird das anders, glaubt mir!“ Als Paradebeispiele dienten ihm Syrien und China. Vorgänger Obama habe die Glaubwürdigkeit der USA beschädigt, als er den Gebrauch von Chemiewaffen im syrischen Bürgerkrieg „eine rote Linie“ nannte, aber nicht handelte, als Assads Truppen Giftgas verwendeten. Vor derselben Herausforderung steht Trump nun nach dem neuen Giftgaseinsatz.

Er verwendet das gleiche Vokabular, das Obama damals in die Bredouille brachte. Nach den Erfahrungen in Afghanistan und im Irak hatte Obama ein militärisches Eingreifen in Syrien vermieden. Als Assads Regime 2012 anfing, Chemiewaffen aus den Depots zu holen, warnte Obama, ein Giftgaseinsatz „würde mein Kalkül ändern“. Nun sagt Trump, mit dem Giftgaseinsatz seien „mehrere Linien überschritten“ worden; dies habe seine „Sicht auf den Konflikt verändert“.

Eine umfassende Militäroperation ist dennoch wenig wahrscheinlich - daran ändert auch der Raketenangriff auf eine syrische Luftwaffenbasis in der Nacht zu Freitag nichts. Ein weiterer Krieg in einem muslimischen Land ist nicht populär in den USA. Die Risiken sind heute höher als unter Obama, da inzwischen Russlands Militär in Syrien operiert und das Assad-Regime schützt.

China: Erreicht Trump Zugeständnisse in Sachen Nordkorea und Handel?

Er werde Schluss machen mit Chinas Exportüberschüssen, hatte Trump versprochen. Die basierten auf Währungsmanipulationen und Missachtung der Handelsregeln. Nun spricht er erstmals persönlich mit Chinas Präsident Xi Jinping. Zum Handelsstreit ist ein Problem hinzugekommen: Nordkoreas Atomwaffen- und Raketenprogramm. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann das Land Atomraketen hat, die US-Großräume wie San Francisco und Los Angeles erreichen. Das wollten alle US-Präsidenten bisher verhindern. Die Zeit für eine diplomatische Lösung läuft aus. Trump muss Xi durch überzeugende Angebote oder Drohungen dazu bewegen, dass China, die Schutzmacht Nordkoreas, das Kim-Regime zwingt, die Programme zu stoppen. Nur: Wie will Trump das erreichen?

Beim Handelsstreit ließen sich gesichtswahrende Kompromisse finden. Beim Nordkorea-Konflikt gibt es keine Zwischenlösungen. Eine Garantie muss her, dass Nordkorea den Besitz von Atomwaffen aufgibt und die Programme internationaler Kontrolle unterstellt wie beim Atomdeal mit dem Iran. Für die USA steht die Sicherheit von Millionenstädten auf dem Spiel, für China der Verlust des Pufferstaats Nordkorea, falls die Dynamik außer Kontrolle gerät, die Diktatur in Pjöngjang in der Folge stürzt und sich eine Chance zur Wiedervereinigung Koreas öffnet.

Die Rollen der USA und Chinas in der internationalen Wahrnehmung haben sich durch Trumps Machtantritt freilich vertauscht. Früher galt der US-Präsident als Verteidiger der liberalen Ordnung und der chinesische Präsident als derjenige, der sein Land nur bedingt öffnet. 2017 lässt die Rhetorik es umgekehrt erscheinen: Trump redet dem Protektionismus und der Abschottung das Wort, Xi tritt für freien Handel und Klimaschutz ein.

Chefberater Bannon: Was bedeutet sein Rückzug aus dem Nationalen Sicherheitsrat?

Wer Chefstratege Stephen Bannon für den entscheidenden Machtfaktor hielt, muss umdenken. Trump hat ihm den Sitz im Nationalen Sicherheitsrat (NSC) wieder genommen. Das war absehbar. Nach einer jahrzehntealten Tradition haben politische Berater im NSC nichts zu suchen. Bei Entscheidungen über Krieg und Frieden sollten Fragen der politischen Opportunität keine Rolle spielen. Trumps erster Sicherheitsberater Michael Flynn war eine politisch schwache Figur. So konnte Bannon seinen Machtanspruch vorübergehend durchsetzen.

Chefberater Stephen Bannon musste den nationalen Sicherheitsrat überraschend verlassen.
Chefberater Stephen Bannon musste den nationalen Sicherheitsrat überraschend verlassen.

© Joshua Roberts/Reuters

Als Flynn über seine Russland-Kontakte stürzte, machten die Nachfolgekandidaten zur Bedingung, dass der Nationale Sicherheitsberater die Personalhoheit im NSC hat. Beim ersten potenziellen Nachfolger, Admiral Robert Harward, sagte Trump noch Nein. Die nächsten Anwärter stellten dieselbe Bedingung. General Herbert McMaster überließ es Trump, wann er die Zusage erfüllt, Bannon aus dem NSC zurückzuziehen. Jetzt gibt es genug andere Schlagzeilen, von Giftgas in Syrien über den Xi-Besuch bis zum Kampf im Senat um die Ernennung eines Obersten Richters. Da besteht Hoffnung, dass die Selbstkorrektur des Präsidenten wenig Resonanz findet.

Russland: Hat Moskau die US-Wahl im Sinne Trumps beeinflusst?

Die Untersuchungen laufen – und sie stocken: Der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im US-Repräsentantenhaus, Devin Nunes, hält sich vorübergehend aus der Untersuchung einer möglichen russischen Einflussnahme auf die US- Wahl heraus. Der Republikaner begründete den Schritt am Donnerstag damit, dass mehrere „linke Aktivistengruppen“ beim Ethikbüro des Kongresses Vorwürfe gegen ihn erhoben hätten. Diese seien zwar haltlos, er werde sich aber dennoch so lange aus den Ermittlungen zurückziehen.

Nunes stand zuletzt erheblich in der Kritik. Er hatte vor zwei Wochen erklärt, es sei möglich, dass Gespräche von US-Präsident Donald Trump und seinen Mitarbeitern bei routinemäßigen Abhöraktionen mitgeschnitten worden seien. Trump fühlte sich dadurch in seinen Vorwürfen bestätigt, er sei von seinem Vorgänger Barack Obama abgehört worden. Nunes räumte allerdings später ein, dass er seine Informationen bei einem Treffen auf dem Gelände des Weißen Hauses bekommen hatte. Mehrere Medien berichteten, dass seine Quellen Mitarbeiter des Nationalen Sicherheitsrates waren.

Richterernennung: Erringt Trump seinen ersten großen Erfolg?

Er werde die US-Gerichte mit zuverlässig konservativen Richtern besetzen, hatte Trump seinen Wählern versprochen. Seit Antonin Scalias Tod vor einem guten Jahr ist eine der neun Positionen am Supreme Court nicht besetzt. Obama stand das Recht zu, den Nachfolger zu benennen. Er hatte damals noch elf Monate Amtszeit vor sich, aber keine Mehrheit im Senat. So nominierte er Merrick Garland. Der war vielen Demokraten zwar nicht links genug, aber für moderate Konservative akzeptabel. Die Republikaner entschieden jedoch, Garland nicht einmal eine Anhörung im Senat zuzugestehen. Sie blockierten ihn.

Dann kam Trump ins Amt und schlug Neil Gorsuch vor. Nun griffen die Demokraten zu einer ähnlichen Blockadetaktik. Die Anhörung konnten sie zwar nicht verweigern, da die Republikaner die Mehrheit im Senat haben. Sie konnten aber die Abstimmung blockieren. Nach der Geschäftsordnung braucht man 60 von 100 Senatoren, um die Debatte zu beenden und zur Abstimmung zu kommen. Diese Option wollten sie nutzen.

Am Donnerstag machten die Republikaner ihnen nun einen Strich durch die Rechnung, indem sie die Geschäftsordnung änderten. Das geht mit 51 von 100 Stimmen. Für Richterernennungen wird die 60-Stimmen-Regel dann nicht mehr gelten. Im martialischen Politsprech der USA nennt man dieses Abrücken von überparteilichen Grundsätzen die „Nuclear Option“: einen politischen Atomwaffenangriff. Damit berauben die Republikaner die Opposition jeglicher Chance, Gorsuch noch zu stoppen. Endgültig bestätigt werden soll er nun am Freitag. Trump kann dann seinen ersten großen Erfolg vorweisen. Freilich zu einem hohen Preis.

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