zum Hauptinhalt

USA: Obama zeigt seinen Ärger über Israel

Tiefpunkt in den Beziehungen zwischen Israel und den USA: Der Streit um die Siedlungspolitik eskaliert zum schärfsten Konflikt seit zwei Jahrzehnten. US-Präsident Obama verlangt einen kompletten Siedlungsstop.

Die Beziehungen zwischen Israel und den USA haben einen Tiefpunkt erreicht, nachdem der Streit um neue israelische Siedlungspläne im arabischen Ostteil Jerusalems eskaliert ist. Israels Botschafter in den USA, Michael Oren, spricht von einer „Krise“, ein seltener Vorgang im Verhältnis zwischen befreundeten Staaten. Die „New York Times“ schreibt, dies sei „der schärfste Konflikt seit zwei Jahrzehnten“. Sie vergleicht die Lage mit dem Jahr 1990. Damals hatte James Baker, US-Außenminister unter dem republikanischen Präsident Bush senior, Israel ebenfalls wegen seiner Siedlungspolitik konfrontiert; vorübergehend hielten die USA Kreditgarantien für Israel zurück.

Die Regierung unter Barack Obama fordert einen Stop der Pläne, 1600 Wohnungen in Ostjerusalem zu bauen, und verlangt von Premier Benjamin Netanjahu, dass er sich zu substanziellen Friedensgesprächen mit den Palästinensern verpflichtet. Das Weiße Haus lässt ihn bisher im Unklaren über die Konsequenzen, wenn er die Forderungen nicht erfüllt. Nach Analyse amerikanischer Medien hat Obama seine Verärgerung in ungewöhnlicher Weise öffentlich gemacht. Am Freitag telefonierte Außenministerin Hillary Clinton 43 Minuten in scharfem Ton mit Netanjahu und hielt ihm vor, er beschädige die Beziehungen. Am Wochenende traten Clinton und Obamas Strategieberater David Axelrod in wichtigen TV-Sendungen auf und beschrieben Israels Vorgehen als „Affront“, „Beleidigung“ und „äußerst destruktiven Schritt“. Der geplante Besuch von Obamas Nahost-Gesandtem George Mitchell in der Region wird verschoben.

Obama ist generell verstimmt über den Siedlungsbau auf palästinensischen Gebiet und sieht darin ein Hindernis für den Friedensprozess. Er verlangt einen kompletten Siedlungsstop, will die Forderung aber nicht zur absoluten Vorbedingung für Gespräche erklären, um den Gegnern keinen Vorwand zu liefern, wie sie Verhandlungen über eine Zwei-Staaten-Lösung verhindern. Netanjahu hat einen befristeten Siedlungsstop im Westjordanland zugesagt, nicht aber in Jerusalem.

Im aktuellen Fall hat der Zeitpunkt der neuen Ankündigung Obamas Ärger verschärft. Der Plan wurde vor einer guten Woche an dem Tag bekannt, an dem Vizepräsident Joe Biden zu einem sorgfältig vorbereiteten Besuch in Israel eintraf. In den USA wurde das als beispiellose Provokation verstanden. Netanjahu entschuldigte sich und sagte, der zuständige Minister habe die neuen Pläne nicht mit ihm abgesprochen. Das Weiße Haus verlangt, er müsse den Bau stoppen. Nach Eindruck amerikanischer Nahost-Experten ist Obamas Verärgerung in Israel angekommen und hat dort große Verunsicherung ausgelöst. Netanjahu fürchte jedoch, dass seine Koalition mit rechtskonservativen Parteien platze, wenn er diese Wohnungen aufgebe.

In einer Woche wird Netanjahu in Washington erwartet zur Jahreskonferenz von AIPAC, der wichtigsten proisraelischen Lobby-Organisation in den USA. Netanjahu und Clinton sind die prominentesten Redner. Die Frage, ob Obama Netanjahu empfängt oder ihm demonstrativ einen Termin verweigert, stellt sich nicht; denn er ist dann auf Asienreise.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false