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Politik: "USA rechnen mit einem Nein aus Teheran"

Iranexperte: Washington will den Regimewechsel

Die USA stellen dem Iran ein Ultimatum – Teheran soll bis zum 12. Juli auf das Angebotspaket der fünf Vetomächte im UN-Sicherheitsrat und Deutschlands im Atomstreit reagieren. Ist das sinnvoll?

Im Sinne Washingtons schon. Ich habe von Anfang an nicht geglaubt, dass das Ja der USA zu direkten Verhandlungen mit dem Iran ausreichen würde, den Atomkonflikt zu lösen. Und Washington rechnet ohnehin mit einem Nein aus Teheran. Aber wenn der Iran als Bösewicht dasteht, der alle diplomatischen Angebote ablehnt, lassen sich Sanktionen leichter legitimieren.

Würden Russland und China denn ein solches Vorgehen mittragen?

Moskau und Peking sind nicht nur gegen Militäraktionen, sondern auch gegen Sanktionen. Sie haben aber zugestimmt, dass Irans Akte im Sicherheitsrat behandelt wird. In der jetzigen Situation könnte Washington erreichen, dass Russland und China kein Veto einlegen, sondern sich in dem Gremium erst einmal enthalten. Nach allem, was ich über die Situation im Iran weiß, kann ich mir nicht vorstellen, dass Teheran einlenkt, und als Vorbedingung für Verhandlungen seine Urananreicherung aussetzt. Dafür hat Präsident Mahmud Ahmadinedschad das Recht auf Anreicherung zu sehr zur Sache der nationalen Ehre stilisiert. Der Iran versucht jetzt, die Verhandlungen zu verzögern, vielleicht Gegenvorschläge zu machen. Er spielt auf Zeit.

Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana ist heute in Teheran bei Atom-Chefunterhändler Ali Laridschani, Außenminister Manucher Mottaki war kürzlich in Berlin. Zeigt das nicht, dass es im Iran Interesse an einer diplomatischen Lösung gibt?

Die einzelnen Fraktionen im Iran haben ganz verschiedene Interessen. Der Präsident und seine Anhänger wollen eine Eskalation, weil diese Regierung nur von Krisen leben kann. In ruhigen Zeiten wird klar, dass das Regime keine Konzepte für die akuten Probleme des Landes hat. Die moderaten Konservativen dagegen streben wohl eine Lösung an, und sogar der Oberste Revolutionsführer ist nicht ganz einverstanden mit dem Präsidenten. Er hat einen neuen Rat zu strategischen außenpolitischen Fragen installiert, in dem die früheren Außenminister Charrasi und Welajati sitzen. Sie sind völlig gegen die Außenpolitik Ahmadinedschads. Aufgrund dieser Machtkämpfe sind die Stellungnahmen aus dem Iran so unterschiedlich. Das ist nicht nur Taktik. Aber welche Fraktion sich durchsetzen wird, kann man nicht sagen.

Glauben Sie, dass nach dem 12. Juli der Sicherheitsrat erneut verhandeln und Sanktionen beschließen wird?

Ich glaube, es wird Zwischenschritte geben. Die Europäer haben gemerkt, dass sie, sollte es hart auf hart kommen, den größten Schaden davontragen, sowohl wirtschaftlich als auch sicherheitspolitisch. Aber Washington ist entschlossen, auch aufgrund israelischen Drucks, die harte Linie fortzusetzen. Ich bin überzeugt, dass die Amerikaner auch weiter auf einen Regimewechsel hinarbeiten.

Das Gespräch führte Ruth Ciesinger.

Bahman Nirumand stammt selbst aus dem Iran. Der Autor zahlreicher Bücher verfasst unter anderem für die Heinrich-Böll-Stiftung deren monatlichen Iranbericht.

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