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US-Präsident Donald Trump

© Reuters/Leah Millis

USA: Richter zwingen Trump zu Zivilität

Die Gerichte haben dem US-Präsidenten beim Asylrecht und im Fall Acosta Grenzen gesetzt – und so Schwächere geschützt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Die Erfahrung beruhigt: Es gibt Richter in den USA. Sie setzen dem Präsidenten Grenzen. Auf die Gewaltenteilung ist Verlass. Donald Trump wollte das Asylrecht per Dekret einschränken: Asyl beantragen dürften nur noch Migranten, die über einen Kontrollpunkt legal einreisen. Bürgerrechtsorganisationen klagten und bekamen vorläufig Recht. Bis zum Urteil in der Hauptsache gilt das Asylrecht ohne Einschränkung, entschied Bundesrichter Jon Tigar in San Francisco.

Trump wollte "die Karawane" aus Mittelamerika stoppen

Trump hatte sein Dekret mit einer Gefährdung der Sicherheit begründet und auf die „Karawane“ verwiesen: den Marsch tausender Migranten aus Lateinamerika zur US-Grenze. In den Wahlkampfauftritten vor der Kongresswahl am 6. November hatte Trump versprochen, den Zug zu stoppen.

Auch im Streit um den CNN-Journalisten Jim Acosta muss sich Trump einem Urteil beugen. Seine Sprecherin Sarah Sanders hatte Acosta aus dem Weißen Haus verbannt. Bundesrichter Timothy Kelly in Washington verlangte die Zulassung Acostas zu den Pressekonferenzen, ebenfalls vorläufig.

Der Kläger wählt den Gerichtsort - und sucht geneigte Ohren

Beide Urteile sind nicht das letzte Wort. Sie belegen aber, dass die „Checks and Balances“ greifen – die Gewaltenteilung. In der Praxis haben Kläger einen Vorteil. In gewissem Rahmen können sie wählen, wo sie klagen. In San Francisco und Washington durften die Kläger eher auf geneigte Richterohren hoffen als in konservativen Bezirken. Das Weiße Haus wartet nun das Haupturteil ab und wird, wenn es den Klägern Recht gibt, nach allgemeiner Erwartung in Berufung gehen. Dann werden andere Gerichte zuständig, womöglich mit anderer politischer Grundhaltung.

Der Rechtsweg nimmt nicht das Endergebnis vorweg. Er zwingt aber auch diesem aufbrausenden Präsidenten mit autoritären Neigungen Regeln für die Austragung des Streits auf. Darin liegt die zivilisatorische Errungenschaft.

Die Grundkonflikte in den USA liegen ja nicht anders als in Europa. Wenn es dabei bleibt, dass Migranten nur an die Grenze der USA – oder der EU – kommen und das Wort Asyl aussprechen müssen, um eingelassen zu werden, weil der Anspruch nur innerhalb der Grenzen der USA (oder der EU) geklärt werden könne, wirkt das als „Pull“-Faktor. Fürs Erste ist nur geklärt, dass ein Präsident das nicht per Dekret entscheiden darf.

Auch der Konflikt um das richtige Maß der Pressefreiheit wird zur Fortsetzungsgeschichte. In Reaktion auf das Acosta-Urteil begrenzt das Weiße Haus die Fragemöglichkeiten auf eine Frage pro Reporter. Das Presse-Corps wird das wohl nicht einfach hinnehmen.

Regierungen haben über die gerichtlich überprüfbaren Regeln hinaus weitere Einflussmöglichkeiten. Trump kann Druck auf die Regierungen in Mexiko und weiter südlich ausüben, die „Karawane“ nicht ungehindert weiter ziehen zu lassen. Die Solidarität der Bevölkerung in den Regionen, durch die die Migranten ziehen, ist ohnehin begrenzt. Und Trumps Sprecherin Sanders hat, wenn Acosta im Raum ist, die Freiheit, ihn fragen zu lassen oder nicht. Schon aus Zeitgründen kommt immer nur ein Teil der anwesenden Journalisten zum Zug. Wegen dieser Asymmetrie der Macht ist es wichtig, dass Gerichte die Schwächeren stützen.

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