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Politik: USA rücken vom Konfrontationskurs ab

New York. Im Streit um das Bosnien-Mandat und weitere Friedensmissionen der UN hat die amerikanische Delegation am Freitag einen neuen Vorschlag vorgelegt, der den Konflikt womöglich bald lösen könnte.

New York. Im Streit um das Bosnien-Mandat und weitere Friedensmissionen der UN hat die amerikanische Delegation am Freitag einen neuen Vorschlag vorgelegt, der den Konflikt womöglich bald lösen könnte. Er läuft im Kern darauf hinaus, dass der Sicherheitsrat eine Resolution annimmt, laut der „entsprechend Artikel 16 des Rom-Statuts“ der Sicherheitsrat den Internationalen Strafgerichtshof (ICC) auffordert, mit Wirkung vom 1. Juli für zwölf Monate eine Untersuchung oder Strafverfolgung auszusetzen „für den Fall, dass ein Teilnehmer an einer Friedensmission, der aus einem Nicht-Vertragsstaat kommt“ ein Verbrechen begangen hat, das unter die Gerichtsbarkeit des ICC fällt. Der Sicherheitsrat soll den ICC bitten, diese Zusage jeweils nach Ablauf eines Jahres zu verlängern.

In Hinblick auf die ursprünglichen Forderungen der USA bedeutet dieser neue Vorschlag einen großen Schritt auf die Verfechter eines „unverletzten ICC“ zu – und dies sind, darauf ließen die 39 Reden in der öffentlichen Sitzung des Sicherheitsrates am Mittwoch schließen, nahezu alle übrigen UN-Mitglieder. Eine große Mehrheit hatte am Mittwoch die amerikanische Forderung vehement abgelehnt, weil sie weder mit der UN-Charta noch mit dem Römischen Statut für den ICC in Übereinstimmung zu bringen sei. Ein weiterer Kompromissvorschlag der Amerikaner, der seit Mittwochabend vorlag und bereits als endgültige Beschlussvorlage gekennzeichnet war, wurde, so verlautete aus EU-Kreisen, aus denselben Gründen als nicht zustimmungsfähig abgelehnt. Allein die Briten scheinen bereit gewesen zu sein, sich auf auf jene Vorlage einzulassen. Sie interpretierten sie – im Gegensatz zu allen anderen – als vertragskonform.

Vermutlich, weil die US-Delegation verstanden hat, dass sie mit dieser Vorlage nicht die neun nötigen Stimmen zusammenbekommen würde, legte sie den neuen Entwurf vor. Er bedeutet eine große Bewegung insofern, weil nicht mehr von „genereller“, „unbefristeter“ „Immunität“ die Rede ist. Sondern jetzt wird für einen konkret auftretenden „Einzelfall“ eine Strafaussetzung für 12 Monate beantragt, die der ICC schon im Vorhinein zusichern soll. Auch sie soll freilich von Jahr zu Jahr verlängert werden. Nach wie vor berufen sich die Amerikaner auf Kapitel 7 der UN-Charta, was unter anderem aus deutscher Sicht nicht zu rechtfertigen ist. Dennoch wird ein baldiges Einschwenken der Ablehnerfront erwartet. Wie aus diplomatischen Kreisen in New York verlautete, hat der britische UN-Botschafter Jeremy Greenstock – Großbritannien hat in diesem Monat die Präsidentschaft im Sicherheitsrat inne – seine EU-Kollegen inständig gebeten, die USA nach diesem Zugeständnis zu unterstützen. Geschlossene Unterstützung der EU hätte aus der Sicht der Beteiligten folgende Vorteile: Dies würde den USA und den UN erlauben, einigermaßen gesichtswahrend aus dem Konflikt herauszukommen. Es würde ein deutliches Zeichen für die Bedeutung setzen, die man internationalen Peacekeeping-Missionen beimisst. Und es würde die Position derer schwächen, die weiterhin „puristisch“ auf dem Geist des Rom-Statuts beharren und Kritik üben.

Ein in der „Washington Times“ veröffentlichter Artikel zeigt, dass sich der US-Verhandlungsführer in New York, Botschafter John Negroponte, tatsächlich kaum noch weiter bewegen kann. Schon der bis Donnerstag verhandelte Kompromiss hat demnach offenbar im Pentagon, im Kongress und in Teilen des Senats für Ärger und viel Protest gesorgt. Barbara-Maria Vahl

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