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Politik: USA und China: Kein Platz für Frieden

Der Streit zwischen den USA und China bedroht die akademischen und persönlichen Kontakte zwischen den beiden Großmächten. Wie erst jetzt bekannt wurde, nahmen chinesische Sicherheitspolizisten Anfang April einen weiteren US-Bürger unter dem Vorwurf der Spionage fest.

Der Streit zwischen den USA und China bedroht die akademischen und persönlichen Kontakte zwischen den beiden Großmächten. Wie erst jetzt bekannt wurde, nahmen chinesische Sicherheitspolizisten Anfang April einen weiteren US-Bürger unter dem Vorwurf der Spionage fest. China hält damit vier Auslands-Chinesen mit US-amerikanischer Staatsbürgerschaft oder einem US-Aufenthaltsrecht fest. Washington warnte unterdessen chinesisch-stämmige Bürger vor Reisen in die Volksrepublik.

Der US-amerikanische Autor und Lehrer Wu Jianmin war am 8. April im südchinesischen Kanton festgenommen worden. Die US-Regierung bestätigte die Festnahme. "Sie haben uns informiert, dass gegen Herrn Wu wegen Spionageaktivitäten im Auftrag von Taiwan gegen China ermittelt werde", erklärte ein Sprecher in Washington. Die USA warnten Auslandschinesen, die China öffentlich kritisiert haben oder Kontakte nach Taiwan unterhalten, vor Reisen in die Volksrepublik China.

Das Hongkonger Informationsministerium für Demokratie und Menschenrechte erklärte, dass Wu möglicherweise wegen seiner Veröffentlichungen über das Tiananmen-Massaker von 1989 festgenommen worden sei. Der 46-jährige Wu hatte nach Angaben des Zentrums vor seiner Auswanderung in die USA 1988 an einer Parteischule des chinesischen Zentralkomitees unterrichtet. Nach 1989 schrieb Wu in einem taiwanesischen Verlag ein Buch über die Rolle der KP-Führer in dem Massaker. Pekings Regierung habe Wu im Verdacht, auch bei der Veröffentlichung der vor kurzen erschienen "Tiananmen-Akte" beteiligt gewesen zu sein, berichtet das Informationszentrum.

Die in diesem Frühjahr veröffentlichte "Tiananmen-Akte" hatte unter Experten für Aufsehen gesorgt, weil sie mit angeblichen internen KP-Dokumenten das Vorgehen der damaligen Führer bei der Ermordung chinesischer Studenten belegt. Am vergangenen Sonntag wurde erstmals die chinesische Version des Buches in Hongkong und Taiwan auf den Markt gebracht. In China, wo das Buch verboten ist, herrschen seitdem verschärfte Grenzkontrollen.

Wu Jianmin ist der fünfte Auslandschinese, der in den vergangenen Wochen wegen Spionage festgenommen wurde. Für Peking sind die festgehaltenen Wissenschaftler offensichtlich Schachfiguren im Streit mit den USA. Nach Ansicht wissenschaftlicher Kollegen werden die Fünf nicht wegen Spionage, sondern allein wegen ihrer Forschungsarbeit festgehalten. 350 Wissenschaftler aus mehreren Ländern forderten Anfang der Woche in einem offenen Protestbrief an Chinas Staats- und Parteichef Jiang Zemin die Freilassung. Der Austausch von Ideen und Meinungen "ist für eine Zivilgesellschaft essenziell", hieß es in dem Schreiben. Sie warnten vor einem Rückschlag im akademischen Austausch, der maßgeblich zur "Modernisierung Chinas und dem Verständnis zwischen China und anderen Ländern beigetragen" habe.

Nach den erfolglosen Verhandlungen über eine Entspannung der Krise um das Spionageflugzeug gaben Washington und Peking bislang keinen Termin für eine nächste Verhandlungsrunde bekannt. Beide Seiten versuchten sich am Freitag mit Videoaufnahmen erneut gegenseitig die Schuld für den Flugzeugzusammenstoß am 1. April zu geben, bei dem ein chinesischer Pilot getötet wurde und ein US-Spionageflugzeug in Südchina notlandete. Die USA hatten Wang wegen seiner riskanten Flüge als Draufgänger bezeichnet. Chinas Staatschef Jiang Zemin ernannte Wang Wei offiziell zum "revolutionären Märtyrer" und zum "Beschützer der Meere und des Himmels".

Harald Maass

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