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© dpa

USA und das Ausland: Atlantisches Zwischentief

Die Anzeichen mehren sich, dass die britisch-amerikanische Sonderbeziehung in eine neue Phase tritt.

Der Wettlauf hat begonnen: Welcher europäische Führungspolitiker darf zuerst neben dem neuen amerikanischen Präsidenten Barack Obama im Weißen Haus eine Pressekonferenz geben? Die Briten fürchten, dass es nicht ihr Premier Gordon Brown sein wird.

Er stehe „bereit für eine enge Zusammenarbeit“, schrieb Brown an Obama. Aber die Regierung bereitet das Land bereits darauf vor, dass die „Special Relationship“ mit den USA nicht mehr sein wird, was sie war. Die Überreichung der „Friedensmedaille“ Präsident Bushs an Tony Blair letzte Woche im Weißen Hauses war der Abgesang auf eine Epoche.

Als „Schaumschlägerei“ tat Außenminister David Miliband die Spekulationen der Medien über den Termin des ersten Besuchs ab. Obama werde am 2. April zum G-20-Treffen nach London kommen. Dann sollen er und Brown im Schulterschluss Geburtshelfer einer neuen globalen Finanzarchitektur spielen.

Hinter den Kulissen werden argwöhnisch Hinweise registriert, die auf eine Abwertung der britischen Sonderbeziehung mit den USA deuten. Längst geht die amerikanische Regierung wieder direkt auf Paris und Berlin zu. Das wird sich unter Obama intensivieren, der während des Wahlkampfes Berlin für seinen Europabesuch wählte. Die neue Außenministerin Hillary Clinton vergaß bei ihrer Nominierungsanhörung im Kongress die „special relationship“ auch nur mit einem Wort zu erwähnen – obwohl über 10 000 britische Soldaten „an der Seite der Amerikaner“ in Afghanistan und im Irak kämpfen, wie britische Kommentatoren bitter anmerkten. Obama habe Großbritannien in keiner wichtigen Rede erwähnt. Vielleicht, weil britische Soldaten, wie einige behaupten, seinen kenianischen Großvater folterten?

Seit Tony Blairs Abgang wächst Gereiztheit und Kritik auf beiden Seiten. Im Gazakonflikt rückte Brown mit der Forderung nach einem sofortigen Waffenstillstand so deutlich wie nie von der amerikanischen Position ab. Außenminister David Milibands kürzliche Rede gegen den „Krieg gegen den Terror“ mag als Schmeichelouvertüre für Obama gedacht gewesen sein. Eine feurige Beschwörung der britisch-amerikanischen Waffenbrüderschaft war sie nicht.

Die Amerikaner sind von Großbritannien enttäuscht. Im Pentagon zirkulieren Berichte über die „Ineffizienz“ der britischen Streitkräfte. Im Irak begann Tony Blair unter politischem Druck zu früh mit Truppenreduzierungen – das Debakel in Basra war die Folge. Dann forcierte Brown mit dem Blick auf den Wahlkalender den Restabzug aus dem Irak. Das macht Obama, was immer er im Irak vorhat, die Sache nicht einfacher.

Afghanistan ist das Kernproblem. Obamas Verstärkung („Surge“) mit weiteren 30 000 Soldaten wird zu Forderungen an die Alliierten führen. Doch die Briten sind am Ende ihrer Kräfte. Labour-Premiers haben den Streitkräften aus politischen Gründen das Äußerste abgefordert, ohne sie entsprechend zu finanzieren. „Wir werden Truppenanforderungen Präsident Obamas sorgfältig prüfen“, versicherte Verteidigungsminister John Hutton. Aber er verband das mit der bisher schärfsten Attacke eines britischen Politikers auf den mangelnde Kampfwillen von Deutschen und Franzosen. Es sieht so aus, als könnten die Briten den militärischen Preis ihrer privilegierten Nähe zu den USA nicht mehr bezahlen – gerade jetzt, wo die Weichen neu gestellt werden müssen.

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