zum Hauptinhalt

Politik: Vatermord (Glosse)

Das "Mädchen", sein Mädchen hat Helmut Kohl Angela Merkel genannt, die CDUGeneralsekretärin seiner Wahl, über die der Patriarch schützend die Hand hielt - wie über eine Tochter. Nun plant sie, da der Sturz des Übervaters sie und ihre ganze CDU-Familie in den Strudel des Untergangs zu ziehen droht, den Vatermord.

Das "Mädchen", sein Mädchen hat Helmut Kohl Angela Merkel genannt, die CDUGeneralsekretärin seiner Wahl, über die der Patriarch schützend die Hand hielt - wie über eine Tochter. Nun plant sie, da der Sturz des Übervaters sie und ihre ganze CDU-Familie in den Strudel des Untergangs zu ziehen droht, den Vatermord. Mehr noch, sie vollzieht ihn. Sie muss sich, wie die Partei, "in der Pubertät von zu Hause lösen". In der Pubertät? Nicht nach ihr? Wie reif ist die CDU ohne den Schwarzen Riesen?

Natürlich begeht die Tochter den Vatermord nicht allein. Dazu hat man in der "Horde", sprich dem CDU-Vorstand, zu viel Respekt vor der rächenden Schlagkraft des Alten. Ziehsohn Schäuble hat sicher mitgemordet, die Worte wurden auf die Goldwaage gelegt. Und so ist, vorsichtshalber, auch von "Seele" die Rede -(nämlich der der CDU). Sogar so was wie "Dankbarkeit" taucht auf, wenn auch nur indirekt, wenn auch nur in der Vergangenheitsform.

Merkels Erklärung hat vor allem den einen Sinn: Kohl auch als Denkmal aus dem Verkehr zu ziehen. Dabei wird erstaunlich viel abgerechnet. Auf Heller und Pfennig. Dass er die Partei 50 Pfennig pro Spendenmark gekostet hat, dass ihr Rückzahlungen in Millionen-Höhe drohen. Dass sein Festhalten am Amt die CDU die Bundestagswahl gekostet habe: "Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik" sei ein Kanzler im Amt abgewählt worden - Papi, was hast du falsch gemacht?

Nun erst recht. Jetzt, nachdem die von ihm "eingeräumten Vorgänge" der "Partei Schaden zugefügt" haben, verduftet er immer noch nicht. Und das, obwohl die Partei in diesem Jahr die "Wahlen nicht wegen und nicht trotz Kohl" gewonnen hat, sondern weil sie geschlossen war und Schröders SPD chaotisch. Frau Merkel wird noch deutlicher: Sie nennt ihren Schöpfer "ein altes Schlachtross", wobei sie begütigend hinzufügt, dass er sich selbst gern so genannt hat: der süße, alte, eigensinnige Opapa. Aber schon vorher kommt sie zur Sache: Wenn Kohl ganz schnell verschwindet, "wird es der Partei im Übrigen auch gelingen, nicht immer bei jeder neuen Nachricht über eine angebliche Spende angreifbar zu werden, sondern aus dem Schussfeld ... zu geraten".

Wenn er jetzt verschwindet, sich möglichst rasch entsorgen lässt (schon verspricht Volker Rühe in Schleswig-Holstein, statt seiner mit dem aufmüpfigen Sohn Schäuble und der Tochter Merkel zu werben), dann könne man ja später wieder, wenn sich der Pulverdampf verzogen habe, über alles reden. Auch über die Rolle "in der Geschichte". Wenn du jetzt nur still und brav bist, Papa ...! "Sie muss", verspricht Merkel für die CDU, "eigene Wege gehen" und trotzdem zu dem stehen, der "sie ganz nachhaltig geprägt hat". Die Belohnung wird für später versprochen, wenn sich Kohl (vorübergehend, versteht sich) in die Rumpelkammer abstellen lässt. Will sagen: Wir werden dich, spätestens im Nachruf, zu würdigen wissen.

Ach, was wir dir dann alles verdanken werden, wenn du die Suppe, die du uns eingebrockt hast, allein wirst ausgelöffelt haben. Bitte geh! Schnell! Danke!

Hellmuth Karasek

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false