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Atomkraftwerk Brunsbüttel.

© dapd

Vattenfall in Schleswig-Holstein: Atomkonzern in der Kritik

Das Verhalten des Atomkonzerns Vattenfall wird in Schleswig-Holstein zunehmend kritisch gesehen. Die Grünen fordern sogar den Entzug der Betriebserlaubnis - wegen Unzuverlässigkeit.

Für die Kommunikationsarbeit eines Energiekonzerns gibt es atomrechtlich keinen Stresstest. Würde es solch ein Kriterium geben, Vattenfall wäre zum wiederholten Male durchgefallen. Aktuell ärgert sich die Atomaufsicht in Kiel mal wieder über den Betreiber. Es geht um eine Zusage des Unternehmens, Rückbaupläne für die stillgelegten Siedewasserreaktoren von Krümmel und Brunsbüttel bis zum Ende des ersten Quartals 2012 vorzulegen. Doch plötzlich sieht man sich beim Energieriesen nicht mehr an das im Vorjahr vom Sprecher der Geschäftsführung, Ernst Michael Züfle, gegebene Versprechen gebunden.

Man sehe sich derzeit noch nicht in der Lage, solch einen Handlungsplan vorzulegen, heißt es aus der Konzernzentrale. Es gebe unter anderem noch Abstimmungsbedarf mit den übrigen Betreibern. Einen neuen Zeitpunkt, wann mit den Rückbauplänen zu rechnen sei, nannte Vattenfall nicht. Damit düpierte man den schleswig-holsteinischen Justizminister Emil Schmalfuß, hatte dieser doch in der jüngsten Landtagsdebatte ein solches Konzept angekündigt. In Kiel möchte man nämlich wissen, ob es einen Abbau geben soll oder die Methode des „sicheren Einschlusses“. Völlig unklar ist, ob die von Vattenfall gebildeten Rücklagen finanziell für die Demontagemaßnahmen ausreichen.

Seit der gravierenden Transformatorenpanne 2007 im Kernkraftwerk Krümmel hängt der Haussegen schief zwischen der Reaktoraufsicht in Kiel und Vattenfall. Der Konzern räumte seinerzeit Kommunikationsfehler ein, doch bezüglich Transparenz, Austausch mit der Aufsichtsbehörde und Öffentlichkeitsarbeit hat sich offenbar nichts spürbar verbessert. Das wurde zuletzt deutlich, als bei der Entdeckung von einigen im Zwischenlager des Akw Brunsbüttel vor sich hin rostenden Atommüllfässern das Ministerium erst Wochen später durch den Tüv Nord von dieser Nachricht aufgeschreckt wurde und nicht vom verantwortlichen Betreiber. Dieser zog sich zunächst darauf zurück, dass es sich um keinen meldepflichtigen Vorgang gehandelt habe. Und damit hatte er formal sogar recht, denn im kerntechnischen Regelwerk sind rostende Atomfässer in Zwischenlagern auf einem Akw-Gelände nicht vorgesehen. Ähnlich verhält es sich mit dem Thema Rückbau. Das Atomgesetz sieht scheinbar keine Fristen für den Beginn der Abwicklung einer kerntechnischen Anlage vor. Genaueres dazu wird gerade von Schmalfuß geprüft.

Derweil wird unter Kernkraftgegnern spekuliert, ob Vattenfall womöglich nur auf Zeit spielt und die eigentlich zur Ausmusterung anstehenden Reaktoren doch so lange wie möglich in einem betriebsbereiten Zustand halten möchte. Unabhängig von eventuell noch bevorstehenden juristischen Auseinandersetzungen um finanzielle Entschädigungen und der Ankündigung eines internationalen Schiedsgerichtsverfahrens gegen die Bundesrepublik wegen Wettbewerbsbehinderung. Auch der Umstand, dass es derzeit laut der Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS) als bisherigem Liefermonopolisten auf absehbare Zeit gar keine Castorbehälter für Brennstäbe aus Siedewasserreaktoren gibt, belässt die Meiler in einer Art Schwebezustand. Glaubt man der GNS, kann frühestens im nächsten Jahr mit der Fertigung begonnen werden.

Die Grünen in Schleswig-Holstein fordern jedenfalls dringlich, Vattenfall wegen Unzuverlässigkeit die Betriebserlaubnis zu entziehen. Eine entsprechende Prüfung läuft seit 2009. Minister Schmalfuß gibt zu bedenken, dass sich nach solch einer Entscheidung womöglich kein anderer Betreiber finden lasse, der sich für den Rückbau interessiere.

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