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Die Regale werden nicht mehr voll. Venezuela befindet sich in einer tiefen Wirtschaftskrise.

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Venezuela: Das Ende des Öl-Sozialismus

Venezuelas Präsident Maduro ruft den Wirtschaftsnotstand aus und will mit Sonderdekreten regieren. Doch die bürgerliche Opposition lässt sich mit ihrer Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament nicht mehr einfach so bei Seite schieben.

Es geht offenbar auch anders in Venezuela: Staatspräsident Nicolas Maduro und Parlamentspräsident Ramos Allup sitzen im Parlament nebeneinander und scherzen lachend. Vor ein paar Wochen war diese Szene noch undenkbar, doch seit den Parlamentswahlen im Dezember haben sich die Machtverhältnisse geändert. Im Parlament hat nun die bürgerliche Opposition eine Zwei-Drittel-Mehrheit und das neue Gleichgewicht der politischen Kräfte dokumentiert das Bild der miteinander scherzenden führenden Köpfe der sozialistischen Regierung und der bürgerlichen Opposition.
Ob es nur bei einem Scherz bleibt, wird die Zukunft zeigen. Venezuela Wirtschaft ist am Ende. Kein anderer Staatshaushalt weltweit hängt derart von der Ölpreisentwicklung ab wie der des südamerikanischen Landes, das je nach Experteneinschätzung zwischen 60 bis 80 Prozent seiner Ausgaben durch die Öl-Einnahmen bestreitet. Doch die bleiben aus, seit die Talfahrt des Ölpreises das ganze Land mit in die Tiefe reißt – und Prognosen deuten auf weiteren Preisverfall hin. Ein anderes Geschäftsmodell haben die Sozialisten nicht zu bieten. Den Großteil der Unternehmer hat Maduro durch seine planwirtschaftlichen Strukturen entweder in den Ruin oder aus dem Land getrieben. Allup nahm Maduro schon einmal in die Verantwortung. „Sie sind die Erben der Konsequenzen einer sehr schwierigen Situation“, sagte der bürgerliche Politiker.

Venezuelas Präsident Nicolas Maduro regiert mit Sonderdekreten. Die Opposition sitzt ihm im Nacken.
Venezuelas Präsident Nicolas Maduro regiert mit Sonderdekreten. Die Opposition sitzt ihm im Nacken.

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Nun soll sogar der Benzinpreis erhöht werden

„Die Leute haben nicht verstanden, dass wir einen Wirtschaftskrieg verloren haben“, sagt dagegen Maduro und kündigt die Schlachtung der heiligen venezolanischen Kuh an: Der Benzinpreis soll erhöht werden. Bislang ist der Sprit hochsubventioniert, eine Füllung kostet weniger als das Trinkgeld für den Tankwart. Das war nicht nur aus ökologischen Gesichtspunkten eine Katastrophe, sondern auch aus haushaltspolitischen. Ob die Preiserhöhung allerdings die Krise lösen wird, ist zweifelhaft. Der privatwirtschaftliche Sektor ist völlig zusammengebrochen, nachdem die Regierung Preise selbst festgelegt hat. Als dann auch noch sozialistische Preisspitzel in den Supermärkten und Läden auftauchten, war es um das unternehmerische Engagement geschehen. Auch der Tourismus liegt brach. Venezuela ist zum gefährlichsten Land des südamerikanischen Kontinents avanciert. Dass liegt auch daran, dass einst von Revolutionsführer Hugo Chavez (1954-2013) bewaffneten paramilitärische „Colectivos“ inzwischen ihr Eigenleben führen. Aus den sozialistischen Banden, die einst die Revolution gegen eine von Chavez befürchtete US-Invasion verteidigen sollten, sind bestens organisierte kriminelle Banden geworden, die den Drogenhandel beherrschen. Die Regierung unternimmt gegen diese strukturelle Gewalt wenig, zu eng ist die ideologische Verknüpfung zwischen dem Maduro-Clan und den „Colectivos“.
Das von den Sozialisten dominierte Oberste Gericht versagte zuletzt mehreren Abgeordneten die Anerkennung des Wahlerfolgs – damit soll verhindert werden, dass die Opposition im Parlament mit Hilfe ihrer Zwei-Drittel-Mehrheit Gesetze erlässt und die Regierung stoppt. Ohne diese Abgeordneten hat die Opposition nur eine einfache Mehrheit. Der Präsident regiert zudem mit Sonderdekreten. Jetzt rief Maduro den Wirtschaftsnotstand aus. Er könnte dann – am Parlament vorbei – mit weitreichenden Sonderrechten regieren. Ausgerechnet jene Sozialisten, die sich jahrelang auf den Willen des Volkes beriefen, greifen nun zu den letzten Taschenspielertricks, um den bei den Wahlen geäußerten Willen des Volkes zu umgehen.

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