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Politik: Verband kündigt Verfassungsklage an - Hunderte Berliner tanken "steuerfreies Benzin" auf FDP-Kosten

Der Bund der Steuerzahler will wegen der Ökosteuer eine Verfassungsklage einreichen. Nachdem am Dienstag bereits der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) als Vertretung von rund 15 000 Speditionsunternehmen sowie der Verband Deutscher Kühlhäuser- und Kühllogistikunternehmen Klagen beim Bundesverfassungsgericht (BVG) angekündigt hatten, erklärte jetzt auch der Steuerzahlerbund, aus "finanzverfassungsrechtlichen Bedenken" nach Karlsruhe ziehen zu wollen.

Der Bund der Steuerzahler will wegen der Ökosteuer eine Verfassungsklage einreichen. Nachdem am Dienstag bereits der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) als Vertretung von rund 15 000 Speditionsunternehmen sowie der Verband Deutscher Kühlhäuser- und Kühllogistikunternehmen Klagen beim Bundesverfassungsgericht (BVG) angekündigt hatten, erklärte jetzt auch der Steuerzahlerbund, aus "finanzverfassungsrechtlichen Bedenken" nach Karlsruhe ziehen zu wollen. Die Ökosteuerreform sei "reine Abkassiererei", sagte der stellvertretende Verbandspräsident Dieter Lau der "Bild"-Zeitung.

Nach Angaben des Steuerzahler-Bundes kommen auf den Autofahrer durch die Ökosteuer jährliche Mehrbelastungen von etwa 630 Mark zu. Dieser Berechnung liege eine jährliche Fahrleistung von 30 000 Kilometern in einem Pkw mit 1,6 Liter Hubraum zu Grunde, erläuterte Verbandspräsident Karl-Heinz Däke im Saarländischen Rundfunk. Der Verband begründet seine Klage damit, dass eine Steuer der Finanzierung eines öffentlich-rechtlichen Gemeinwesens dienen müsse; die Ökosteuer finanziere aber die Rentenversicherung und nicht den Staat. Laut Däke liegt zudem eine Ungleichbehandlung bei der Besteuerung von Betrieben vor. Die Steuerermäßigung für Betriebe mit hohem Energieverbrauch sei auf das produzierende Gewerbe und die Land- und Forstwirtschaft beschränkt, während ebenfalls energieintensive Betriebe des Dienstleistungssektors von der Ermäßigung ausgeschlossen seien.

So argumentiert auch der Transportunternehmer-Verband BGL, der als Grundlage seiner Verfassungsklage ein Rechtsgutachten erstellen ließ. Darin wird vor allem auf den Gleichheitsgrundsatz im Grundgesetz abgehoben. Die Transportunternehmer sehen sich durch die steigende Mineralölsteuer nicht nur gegenüber anderen Branchen, sondern auch gegenüber ihrer ausländischen Konkurrenz benachteiligt. Eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums bestritt dagegen eine "Wettbewerbsverzerrung" zu Ungunsten der deutschen Spediteure. Schließlich müssten Lkw-Fahrer ausländischer Unternehmen bei ihren Fahrten durch Deutschland dort dieselben Kraftstoffpreise zahlen wie ihre inländischen Kollegen.

In Berlin haben unterdessen Hunderte Autofahrer am Mittwoch Kraftstoff zu Billigstpreisen getankt - allerdings war das sensationelle Angebot auf eine Stunde und eine einzige Tankstelle begrenzt. Zu der Aktion hatte die FDP eingeladen. Die Partei erstattete den Anteil am Spritpreis, der über die Mineralöl- und die Mehrwertsteuer an den Staat geht. Benzin kostete zwischen 51 und 59 Pfennige, Diesel 60 Pfennige je Liter. Nach Angaben der FDP gehen mehr als 70 Prozent des normalen Spritpreises an den Staat. Der Verkehr um die Tankstelle brach zeitweise zusammen. Die Liberalen wollten mit der Aktion "steuerfreier Kraftstoff" gegen die Ökosteuer protestieren. Die SPD erklärte dagegen, Rot-Grün habe die Mineralölsteuer bisher nun um zwölf Pfennige angehoben. In der Zeit, als die FDP der Bundesregierung angehörte, sei die Mineralölsteuer um etwa eine Mark gestiegen.

Die Autofahrer, die das Angebot der FDP annahmen, schimpften auf die Ökosteuer und die damit verbundenen Spritpreiserhöhungen. Nach Aussage der Tankstelle bildete sich eine Schlange vor den Zapfsäulen bereits ab drei Uhr morgens. Viele Kunden begleiteten die Aktion mit Hupkonzerten.

Der Wirtschaftsexperte Rolf Peffekoven hat derweil der rot-grünen Unternehmensteuerreform ein Scheitern vorausgesagt. Entweder bringe das Bundesverfassungsgericht das Projekt zu Fall oder der Bundesrat, sagte er der Tageszeitung "Die Welt". Das Konzept von Finanzminister Hans Eichel schaffe "heikle Probleme, sowohl ökonomischer, technischer wie auch verfassungsrechtlicher Art". Peffekoven ist Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Nach seiner Meinung sollten die privaten Haushalte stärker als geplant zur Finanzierung der angekündigten Steuerentlastung von jährlich 70 Milliarden Mark ab 2005 herangezogen, die Unternehmen dagegen deutlich höher entlastet werden. Sonst bleibe der Aufschwung am Arbeitsmarkt aus.

Der Wissenschaftler kritisierte die geplante unterschiedliche Besteuerung von Beteiligungsverkäufen von Kapital- oder Personengesellschaften als "eklatanten Verstoß gegen die steuerliche Gleichbehandlung". Während GmbHs und Aktiengesellschaften künftig Beteiligungen steuerfrei verkaufen können sollen, müssen Personenunternehmen und Gewerbebetriebe Steuern auf Gewinne durch Veräußerungen zahlen. Sollte Eichel an seinem Vorhaben festhalten, müssten auch Zinsen und Wertzuwächse generell steuerfrei gestellt werden, erklärte Peffekoven. Eichel wies den Vorwurf zurück. Deutschland habe nun einmal zwei verschiedene Unternehmensformen, die unterschiedlich besteuert würden.Siehe auch Artikel im Lokalressort

Siehe auch Artikel im Lokalressort

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