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Politik: Verbot von Streumunition: Berlin zieht nicht mit

Bundeswehr will Kampfmittel erst 2015 ausmustern – Österreich und Belgien vernichten ihre Bestände

Berlin - Deutschland wird sich den Beschlüssen von Belgien und Österreich zu einem schnellen und weitreichenden Verbot von Streumunition nicht anschließen. Das Verteidigungsministerium verwies am Freitag in Berlin auf einen Beschluss der Bundesregierung von 2006, der eine restriktive Handhabung vorschreibe. Die Bundeswehr verzichte danach auf Waffen dieser Art, die eine höhere Blindgängerquote als ein Prozent hätten, und werde bis 2015 gänzlich diese Streumunition aussondern, sagte ein Sprecher. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth kritisierte in der „Frankfurter Rundschau“ (Freitag) das Vorgehen, zunächst nur Streumunition mit einer besonders hohen Blindgängerquote zu ächten. Die Vorstellung, es gebe gefährliche und ungefährliche Streumunition, bewertete sie als „blanken Hohn“.

Zum Abschluss der Internationalen Konferenz zur weltweiten Ächtung von Streumunition in Wien teilte die Nicht-Regierungsorganisation Handicap International mit, die deutsche Delegation habe verlangt, über mehrere Jahre Spezialmunition zuzulassen, die über einen Mechanismus zur Selbstzerstörung verfüge. Dies lehnen die Gegner der umstrittenen Munition ab. Das Aktionsbündnis Landmine beklagte in einer in Berlin verbreiteten Mitteilung: „Offensichtlich geht es der Bundesregierung mehr um den Schutz ihrer Waffenbestände und um die Interessen der deutschen Rüstungsindustrie als um den Schutz von Zivilisten.“ Deutschland gehöre zu den Staaten, die über Streumunition in zweistelliger Millionenauflage verfügten, und die Milliardensummen für die Beschaffung und Modernisierung von Streumunition ausgeben beziehungsweise ausgegeben hätten. Zu dem Aktionsbündnis gehören unter anderem Brot für die Welt, die Deutsche Welthungerhilfe, der Deutscher Caritas Verband, Misereor und Unicef-Deutschland.

Streumunition ist deshalb so gefährlich, weil sie zum Teil aus Hunderten von kleinen Sprengkörpern besteht. Diese liegen als Blindgänger oft über Meter verstreut und gefährden nach einem kriegerischen Konflikt vor allem die Zivilbevölkerung. Österreich hatte am Donnerstagabend als zweites Land der Welt die Anwendung, Herstellung und Lagerung derartiger Bomben und Granaten verboten. Die in Österreich noch vorhandenen Bestände sollen innerhalb der nächsten eineinhalb Jahre vernichtet werden. dpa

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