Der Bundestag prüft Vorwürfe, die FDP-Fraktion habe mit einem Brief ihres Chefs Rainer Brüderle an Bürger unzulässige Wahlkampfhilfe betrieben. Die Bundestagsverwaltung nehme derzeit eine Sachverhaltsklärung vor, erklärte ein Parlamentssprecher am Donnerstag in Berlin. In dem Brief, der bei der Opposition für Empörung sorgt, wirbt Brüderle für die Politik der Regierung: „Staatsschulden sind das süße Gift der Politik.“ In dem Schreiben verweist Brüderle auf das „milliardenschwere Sparpaket“ der Bundesregierung und fügt hinzu: „Wir haushalten mit Bedacht und Vorsicht.“ Inflation verhindere Wachstum, schreibt der Fraktionschef. „Deshalb kämpfe ich mit meiner Mannschaft, der FDP-Bundestagsfraktion, für unser stabiles Geld.“ Berichten zufolge wurde das Schreiben auch in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen verteilt, wo am kommenden Sonntag beziehungsweise am 13. Mai Landtagswahlen stattfinden.
Nordrhein-Westfalens Grüne legten am Donnerstag ein Kurzgutachten des Düsseldorfer Staats- und Parteienrechtler Martin Morlok zu der FDP-Postwurfsendung vor. Darin kommt Morlok zu dem Ergebnis, dass die Kampagne kurz vor der NRW-Wahl unzulässig sei. Das FDP-Schreiben erwecke „aus der Perspektive des Wählers als Empfänger den Eindruck, für die Politik der FDP zu werben, anstatt schlicht über die Fraktionstätigkeit zu informieren“.
Die Vorsitzende der NRW-Grünen, Monika Düker, wertete das Ergebnis des Gutachtens als Beleg, dass mit der Postwurfsendung der FDP-Bundestagsfraktion der Grundsatz der Chancengleichheit für Parteien im Wahlkampf verletzt worden sei. Das Gutachten werde nun Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) zugestellt. „Wir erwarten in den nächsten Tagen seine Stellungnahme dazu“, erklärte Düker. Sie forderte zugleich den Spitzenkandidaten der NRW-FDP, Christian Lindner, auf, „Stellung zu beziehen und dafür zu sorgen, dass Umfang und Kosten der Kampagne offen gelegt werden“.Die FDP-Fraktion verteidigte hingegen das Schreiben Brüderles.
Eine Sprecherin verwies am Donnerstag auf ein Gutachten der Universität Tübingen, in dem der Brief Brüderles als „zulässige öffentlichkeitswirksame Maßnahme“ im Sinne des Abgeordnetengesetzes eingestuft werde.
Es sei Aufgabe der Bundestagsfraktionen, die Bevölkerung regelmäßig über die Arbeit der Abgeordneten zu informieren, erklärte die Sprecherin bereits am Mittwoch. Um diesem Auftrag gerecht zu werden, sei seit Jahresanfang die Informationskampagne „Freiheit bewegt“ geplant worden. Die Informationsreihe läuft deutschlandweit, es würden keineswegs nur bestimmte Regionen bedient. Zudem ist „Freiheit bewegt“ längerfristig angelegt. (AFP)
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