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Politik: Verdächtiger gesteht Mord an Anna Lindh

Anwalt: Attentat auf Schwedens Außenministerin war nicht politisch

Stockholm. Fast vier Monate nach dem Mord an Schwedens damaliger Außenministerin Anna Lindh hat der Hauptverdächtige, der 25-jährige Mijailo Mijailovic, die Tat gestanden. Sein Anwalt, Peter Althin, erklärte am Dienstag, sein Mandant habe kein politisches Motiv für das Attentat am 10. September gehabt. Er wollte aber keine Einzelheiten zu den Beweggründen des Mannes nennen. „Mein Mandant hat die Tat gestanden, aber wie sie vor Gericht behandelt wird, müssen wir noch klären“, sagte Althin. Der in Schweden sehr bekannte Jurist ließ offen, ob er auf verminderte Schuldfähigkeit plädieren wird, da sein Mandant mehrfach in psychiatrischer Behandlung gewesen ist.

Die beliebte Außenministerin war vier Tage vor dem Euro-Referendum beim Einkaufen in einem Stockholmer Kaufhaus von einem Mann mit einem Messer angegriffen worden. Sie erlag einen Tag später ihren Verletzungen. Mijailovic, Sohn serbischer Einwanderer, war zwei Wochen später festgenommen worden. Er hat die Tat bislang bestritten. Staatsanwaltschaft und Stockholmer Polizei gaben sich jedoch schon bald zuversichtlich, den richtigen Täter ergriffen zu haben. Am Tatort sichergestellte DNA-Spuren sollen mit dem genetischen Fingerabdruck des Verdächtigen übereinstimmen.

Mit seinem Geständnis begann der erste richtige Arbeitstag nach den schwedischen Weihnachts- und Neujahrsferien mit einer Erleichterung für das ganze Land. Zu tief sitzt auch heute noch der unaufgeklärte Mord an dem früheren schwedischen Ministerpräsidenten Olof Palme im Jahr 1986. Nach dem monatelangen Leugnen der Tat durch den Verdächtigen begannen viele Menschen in Schweden auch an einer erfolgreichen Aufklärung des Lindh-Mordes zu zweifeln. Dementsprechend groß war die Erleichterung bei vielen Menschen, die von Radio und Fernsehen befragt wurden. Auch Schwedens Regierungschef Göran Persson zeigte sich über das Geständnis erleichtert. „Es ist immer leichter, die Trauer zu bewältigen, wenn man weiß, wie es passiert ist und wer es getan hat.“

Mijailovic ist mehrfach vorbestraft. 1997 verletzte er bei einer Messerattacke seinen Vater lebensgefährlich. Er verbrachte einen Teil seiner Jugend im ehemaligen Jugoslawien und hatte nach seiner Rückkehr nach Schweden laut Aussagen verschiedener Jugendämter große Integrationsschwierigkeiten. Sollte er für den Mord verurteilt werden, muss er mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe rechnen. Die Anklageerhebung wird voraussichtlich am 12. Januar erfolgen. Nach schwedischem Recht muss der Prozess spätestens eine Woche später beginnen. Verzögerungen kann es aber geben, wenn der Verteidiger eine medizinisch-psychologische Untersuchung fordert.

Helmut Steuer

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