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Unterstützung bekam die Ministerin in Sachen Vorratsdatenspeicherung jetzt von der Industrie.

© dapd

Verfahren auf Vorrat: Über Datenspeicherung entscheidet Brüssel noch

Ein Vertragsverletzungsverfahren mehr kann die Bundesregierung nicht schrecken. Zumindest nicht eine deutsche Justizministerin.

Am Donnerstag um Mitternacht sollte jenes Ultimatum verstreichen, das die EU-Kommission der Regierung gesetzt hat, um ein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung vorzulegen. So wie es eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2006 vorsieht. Andernfalls, drohte EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström am Donnerstag in Brüssel vor Fristablauf, werde die Kommission das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland weitertreiben. Aber alles, was Malmström aus Berlin auf den Tisch bekam, war eine abgestimmte Stellungnahme von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Darin berichten sie vom Stand der Verhandlungen.

Einen sofortigen Beschluss der EU-Kommission werde es nicht geben, hieß es jetzt in Brüssel. Eher in der kommenden Woche. Aber dass er kommt, ist ausgemachte Sache. Denn in der Stellungnahme aus Deutschland durfte Malmström lesen, dass sich die zuständigen deutschen Ministerien nicht einigen können. Friedrich, von Unionskollegen am Donnerstag wortstark unterstützt, besteht auf der getreuen Umsetzung der Richtlinie, die nach den Terroranschlägen von Madrid (2004) und London (2005) beschlossen worden war. Leutheusser-Schnarrenberger lehnt eine verdachtsunabhängige Speicherung der Telekommunikationsdaten ab.

Unterstützung bekam die Ministerin jetzt von der Industrie. In einem Schreiben an Malmström bitten der BDI, der DIHK, der Branchenverband Bitcom und andere die Kommissarin, „den Aspekt der Rechtssicherheit für die betroffene Wirtschaft zu berücksichtigen und zunächst Klarheit über die künftige Ausgestaltung der Richtlinie zu schaffen“. Eine „nationale Zwischenlösung“, also ein deutsches Gesetz zum jetzigen Zeitpunkt, lehnen die Wirtschaftsvertreter ab. Sie beziehen sich damit auf den europäischen Stand in Sachen Vorratsdatenspeicherung. Nachdem die Verfassungsgerichte nicht nur Deutschlands, sondern etwa auch Tschechiens und Rumäniens entsprechende Gesetze für nicht verfassungskonform erklärt hatten und Bedenken auch aus anderen Ländern kamen, hat die EU-Kommission eine Reform der Richtlinie angekündigt. Auch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs wird erwartet. Allerdings ist nicht davon auszugehen, dass die Richtlinie im Sinne der deutschen Justizministerin kippt.

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