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Politik: Verfassungsschutz: NPD auf dem Vormarsch

In Sachsen will die Partei vor allem Jugendliche anwerben / Skinhead-Konzerte oft in Privaträumen

Der Verfassungsschutz warnt vor einer neuen Expansionsstrategie der rechtsextremistischen NPD in Sachsen. „Es ist sehr gefährlich, dass die NPD es geschafft hat, ihre Strukturen zu festigen und auch regional Akzeptanz zu erreichen“, sagte Olaf Vahrenhold, Abteilungsleiter beim sächsischen Landesamt für Verfassungsschutz, dem Tagesspiegel am Sonntag.

Laut Vahrenhold unterhält die NPD seit wenigen Wochen nun in allen sächsischen Landkreisen Kreisverbände. Die Partei habe ihre Strukturen damit weiter gefestigt, sagte Vahrenhold. In Zukunft werde die NPD verstärkt Jugendliche ins Visier nehmen. Es sei auch damit zu rechnen, dass die Jugendorganisation der Partei, die „Jungen Nationaldemokraten“ (JN), weitere Stützpunkte in Sachsen aufbauen werde. „Ich halte diesen direkten Zugriff auf die Jugend für gefährlich. Wir gehen davon aus, dass gerade hier ein Schwerpunkt gesetzt wird“, so der Verfassungsschützer weiter.

Derzeit existierten in Sachsen neun JN-Kreisverbände. Unter dem Motto „Heimat erleben“ würden Rechtsextremisten gezielt junge Leute zu Wanderungen und Klettertouren einladen. „Jugendliche, die sich für den Rechtsextremismus einfangen lassen, laufen dadurch Gefahr, für die Demokratie verloren zu gehen“, warnte Vahrenhold. Zur Strategie gehöre auch eine Öffnung gegenüber der gewaltbereiten rechtsextremistischen Kameradschaftsszene, mit der die Partei inzwischen in einigen Regionen Sachsens personell teilweise eng verwoben sei. Es sei das Ziel der sächsischen NPD in diesem Bereich, „möglichst enge Verbindungen zu schaffen“.

Die rechtsextremistische Anhängerschaft der Kameradschaften in Sachsen bewegt sich nach den Angaben von Vahrenhold im Jahr 2006 in etwa auf dem Niveau des Vorjahres. Damals waren es rund 970 Personen. Diese Rechtsextremisten verzichteten dagegen nach dem Vorbild der linksextremistischen autonomen Szene zunehmend auf feste Organisationsstrukturen und setzten nun in erster Linie auf Koordination „via Telefon und Internet“. „Wir gehen davon aus, dass ein Lerneffekt in der rechtsextremistischen Szene eingesetzt hat. Es geht darum, sich staatlichen Maßnahmen möglichst stark zu entziehen“, sagte der Verfassungsschützer. Wo sich die Strukturen auflösten, spielten auch Kameradschaften bei der Kommunikation innerhalb der Szene keine Rolle mehr. Dies zeige sich insbesondere in der Sächsischen Schweiz, so Vahrenhold. Die Anhänger der Neonazi-Vereinigung „Skinheads Sächsische Schweiz“ hätten nach dem Verbot der Organisation im Jahr 2001 vor allem auf Konspiration gesetzt. Auch würden Skinhead-Konzerte häufiger in privaten Räumen veranstaltet. „Es gibt hier einen zunehmenden Trend, sich in die Privatheit zurückzuziehen.“ Etwa 80 Prozent der Skinhead-Konzerte in Sachsen hätten in diesem Jahr nicht in öffentlichen Räumen stattgefunden. Dies sei eine deutliche Veränderung gegenüber den Vorjahren. Im Jahr 2004 hatten nur 35 Prozent solcher Konzerte in privaten Räumen stattgefunden.

Bastian Wierzioch[Dresden]

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