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Politik: Verheugen will Berlusconi zur Chefsache machen EU-Kommission debattiert über mögliche Sanktionen

Berlin/Brüssel . Der deutsche EUKommissar Günter Verheugen hat die Staats- und Regierungschefs der EU aufgefordert, die Debatte um Italiens Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi in ihrem Kreis zu führen.

Berlin/Brüssel . Der deutsche EUKommissar Günter Verheugen hat die Staats- und Regierungschefs der EU aufgefordert, die Debatte um Italiens Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi in ihrem Kreis zu führen. Dies sei nicht Aufgabe der Kommission, sagte Verheugen in Berlin. Die EU-Präsidentschaft habe Berlusconi als Vorsitzender des Europäischen Rats inne, des Gremiums der Staats- und Regierungschefs. „Wenn es Probleme mit seiner Rolle gibt, müssen seine Kollegen im Rat ihm das sagen.“ Verheugen warnte davor, „eine Situation herbeizuführen, in der die Entscheidungsfähigkeit der EU lahm gelegt wird“. Die Kommission werde „mit der Ratspräsidentschaft so zusammenarbeiten, wie man das erwarten darf“.

Wie der Tagesspiegel aus EU-Kreisen in Brüssel erfuhr, hat Berlusconis umstrittenes Verhalten eine Debatte ausgelöst, ob die Sanktionsmechanismen bei EU-feindlichem Verhalten ausreichen. Das Verfahren, das beim Nizza-Gipfel beschlossen worden war, um Regierungen zu disziplinieren, die gegen das EU-Regelwerk verstoßen, sieht Maßnahmen bis hin zur teilweisen Aussetzung von Mitgliedsrechten vor; es wird aber als „nicht praktikabel“ eingeschätzt, „besonders, wenn es sich um ein großes Land handelt“; dieses könne im Gegenzug Entscheidungen blockieren. In Brüssel wird darauf hingewiesen, dass selbst Italien-Kritiker wie der Europa-Abgeordnete Martin Schulz Berlusconi zwar vorwerfen, Demokratie und Rechtsstaat auszuhöhlen, aber dennoch nicht fordern, den Sanktionsmechanismus nach Artikel 7 des EU-Vertrags auszulösen. Auch das Europaparlament habe Möglichkeiten, seinen Protest gegen Berlusconi auszudrücken; es könne ihm kein Rederecht mehr erteilen oder ein Hausverbot aussprechen. Die Frage sei aber, ob das den Konflikt nicht nur verschärfe.

Für Beitrittsländer hat die EU ein Beobachtungsverfahren mit jährlichen Berichten über den Stand von Demokratie und Rechtsstaat eingerichtet. Es würde als bedenklich gelten, wenn der Regierungschef auch größter Medienbesitzer ist oder das Parlament in der Gesetzgebung die Unabhängigkeit der Justiz infrage stellt. Für Altmitglieder gibt es kein solches Monitoring. Deshalb hält man in Brüssel die politische Auseinandersetzung im Rat der Regierungschefs für die sinnvollste Strategie im Umgang mit Berlusconi.

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