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CSU-Chef Markus Söder fordert "neuen Schwung" in der Bundesregierung.

© Sven Hoppe/dpa

Verjüngung des Bundeskabinetts?: CSU-Chef Söder provoziert vor der Klausur in Seeon

Das Regierungsteam der großen Koalition müsse bis Mitte des Jahres erneuert werden, fordert CSU-Chef Söder. Die CDU ignoriert seine Kritik.

Markus Söder (CSU) beginnt das neue Jahr mit einer kleinen Gemeinheit. Angesichts der Probleme in der Welt brauche es „eine Regierung, die durchstartet“, sagt Bayerns Ministerpräsident. Im Interview mit der „Bild am Sonntag“ bringt der CSU-Chef sogar eine Kabinettsumbildung ins Spiel: „Das ist wie im Fußball: In der zweiten Halbzeit verstärkt man sich mit neuen und frischen Kräften. Wir sollten daher bis Mitte des Jahres das Regierungsteam verjüngen und erneuern“, sagt Söder. Und fügt hinzu, dass es „Aufbruchstimmung“ brauche: „Neue Leute bringen neuen Schwung.“

Wen er konkret im Kabinett Merkel ersetzen will, sagt Söder tunlichst nicht. Angreifbar machen will der CSU-Chef sich nicht. Aber es gehört schon fast zur guten Tradition, dass die CSU-Führung zum Jahresbeginn vor der Klausurtagung der CSU-Landesgruppe und der CSU-Landtagsfraktion, früher im bayerischen Wildbad Kreuth und heute im Kloster Seeon, mit Provokationen aufwartet. Mal richten die sich an die Schwesterpartei CDU, mal an den jeweiligen Koalitionspartner innerhalb der Bundesregierung.

Formal wäre Söder ohnehin nur dafür zuständig, neue CSU-Minister vorzuschlagen. Innenminister Horst Seehofer (70) und Entwicklungsminister Gerd Müller (64) gehören zu den Älteren in der Regierungsriege. Aber selbst der CSU-„Junior“, Verkehrsminister Andreas Scheuer (45) , ist in der Bevölkerung unbeliebt und steht wegen des Maut-Debakels unter Dauerkritik. Doch noch verteidigt Söder ihn ausdrücklich: Als Verkehrsminister leiste Scheuer „gute Arbeit“, er sei sicher, dass er die Vorwürfe im Untersuchungsausschuss „mit großer Ernsthaftigkeit vollständig“ aufklären werde.

Ein Seitenhieb auf den Wirtschaftsminister?

Ohnehin zielen Söders Seitenhiebe eher auf die CDU. Für die Union müsse das Thema Innovation und Wirtschaft an erster Stelle stehen, sagt er. Im internationalen Vergleich beginne Deutschland gegenüber den USA und China zurückzufallen. „Da müssen wir deutlich zulegen und auf Augenhöhe mit der Welt bleiben“, fordert der Ministerpräsident. Man kann das als Kritik an Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und seiner Parteikollegin, Wissenschaftsministerin Anja Karliczek, verstehen – auch wenn Söder keine Namen nennen will und beteuert, es gehe ihm „vor allem um Inhalte“.

Im Konrad-Adenauer-Haus, der Parteizentrale der CDU, ist man solche Töne zum Jahresanfang schon gewöhnt. Generalsekretär Paul Ziemiak will sich auf Anfrage nicht äußern. Und Söder hat nicht nur Sticheleien parat, sondern auch lobende Worte: „Ich glaube, dass viele Angela Merkel noch nachtrauern werden, wenn sie 2021 aufhört“, sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Auf der internationalen Bühne sei die Bundeskanzlerin klar die Nummer eins: „Gerade in Zeiten der Unsicherheit zählt ihre Erfahrung viel“, sagte der bayerische Regierungschef.

Söder: "Ohne uns geht nichts"

Zu Merkels Nachfolgerin als CDU-Chefin, Annegret Kramp-Karrenbauer, äußert sich Söder weniger überschwänglich. Direkte Kritik will er zwar nicht äußern. Aber er legt Wert darauf, dass die CSU darüber mitentscheiden werde, wer der nächste Kanzlerkandidat oder die Kandidatin werde. „Ohne uns geht nichts“, sagt Söder. Wer der oder die Richtige sei, hänge auch vom Zeitpunkt der nächsten Bundestagswahl ab.

Der „Hauptkonkurrent“ für die Union um Platz eins bei der nächsten Wahl steht für Söder jedenfalls schon fest: die Grünen. Für die hat die CSU-Landesgruppe ebenfalls eine kleine Provokation parat: In einem Papier fordern die Bundestagsabgeordneten, die Zahl der sicheren Herkunftsstaaten an den Bundesländern vorbei auszuweiten. „Seit Jahren blockieren die Grünen“ eine Ausweitung der Liste, heißt es in der Beschlussvorlage für die Klausur, über die die „FAZ“ berichtet. Daher solle es ein im Bundesrat nicht zustimmungspflichtiges Gesetz zur Einstufung weiterer sicherer Herkunftsstaaten geben. Konkret sollen alle Staaten mit Anerkennungsquoten von unter fünf Prozent erfasst werden – dies würde unter anderen die Maghreb-Staaten und Georgien betreffen. Auf dieser Grundlage soll das Aufenthaltsrecht nach der Genfer Flüchtlingskonvention und das Recht auf sogenannten subsidiären Schutz geprüft werden, heißt es in dem Papier zu Sicherheit, Migration und Herkunftsstaaten.

Die Landesgruppe erhebt darin auch die Forderung, Verstöße gegen das Einreiseverbot hart zu ahnden. „Bei uns gilt die klare Maßgabe: Wer abgeschoben ist, muss draußen bleiben“, heißt es. Wer dagegen verstoße, müsse „umgehend in Haft“. Dies müsse auch für die Dauer der Prüfung eines etwaigen Asylantrags gelten, was bisher nicht der Fall ist. Die Länder sollten die notwendigen Abschiebehaftplätze bereitstellen. Weitere Forderungen in der Innenpolitik: die Ausweitung der Schleierfahndung.

Es ist nicht das erste Mal, das die Landesgruppe bei ihrer Klausur eine härte Gangart in der Flüchtlings- und Innenpolitik einfordert. Mit Slogans wie „Wer betrügt, der fliegt“ sorgten die Christsozialen schon vor Jahren für Aufregung. Doch dieses Mal kommen auch andere Akzente hinzu. Etwa beim Thema Ökologie: So fordert die Landesgruppe deutliche Anstrengungen beim Bau von Wasserstofftankstellen für mehr nachhaltige Mobilität. Solche Töne dürften nicht zuletzt Söders neuen „Hauptkonkurrenten“ – den Grünen – geschuldet sein.

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