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Grünen-Parteichef Cem Özdemir erhält auch Gegenwind für seine Entscheidung, Daimler-Chef Dieter Zetsche zum Parteitag in Münster einzuladen

© dpa

Verkehrswende: Die Grünen streiten über die Einladung des Daimler-Chefs zum Parteitag

Daimler-Chef Dieter Zetsche wird auf dem Grünen-Parteitag im November als Gastredner zur Verkehrs- und Klimapolitik reden. Doch nicht alle in der Partei freut das.

Für den Grünen-Vorsitzenden Cem Özdemir ist es ein Coup, doch für manche seiner Parteikollegen grenzt es an Verrat: Daimler-Chef Dieter Zetsche wird auf dem nächsten Parteitag der Grünen als Gastredner auftreten. Özdemir selbst hat diesen Auftritt eingefädelt, seit der letzten Bundestagswahl arbeitet er daran, den Draht zur Wirtschaft zu verbessern. Er freue sich sehr, dass Zetsche die Einladung zum Parteitag in Münster angenommen habe, verkündete Özdemir am vergangenen Wochenende - und versprach seiner Partei eine "spannende Diskussion".

NRW-Landeschef will keine Bühne für "Greenwashing" bieten

Doch in Teilen des linken Flügels stößt Özdemirs Idee, Zetsche zum Tagesordnungspunkt 17 (Verkehrs- und Klimapolitik) reden zu lassen, auf Widerstand. Nordrhein-Westfalens Landeschef Sven Lehmann kritisierte, es sei "falsch, einem Unternehmen eine Bühne für Greenwashing zu geben, das sein Geld auch mit Rüstungsexporten in Länder mit Menschenrechtsverletzungen verdient". Unter anderem liefere die Daimler AG Militärfahrzeuge und Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien, Katar oder in die Türkei, über den Umweg China sogar in den Südsudan, , schreibt Lehmann auf seiner Facebook-Seite. Protest gibt es auch aus Teilen der Bundestagsfraktion. Es sei "vollkommen unverständlich", ausgerechnet in der Fahrradstadt Münster einen Vorstandsvorsitzenden als Gastredner einzuladen, der auch als Person in keinster Weise für den Wandel stehe, kommentiert die Abgeordnete Maria Klein-Schmeink.

Auch prominente Vertreter des linken Flügels hatten in den vergangenen Monaten das Gespräch mit der Autoindustrie gesucht. So versuchte Fraktionschef Anton Hofreiter Anfang des Jahres vergeblich, im Zuge des Abgasskandals einen Daimler-Vertreter für ein Fachgespräch in den Bundestag einzuladen. Zum "tatsächlich kritischen Dialog" sei Zetsche nicht gekommen, kritisiert die Bonner Bundestagsabgeordnete Katja Dörner, die seinen Auftritt auf dem Bundesparteitag ablehnt.

Özdemir erhält auch Unterstützung für die Idee, den Daimler-Chef einzuladen

Doch Özdemir erhält auch Unterstützung aus der Partei. Es sei "niemals ein Fehler, die offene Diskussion zu suchen", gerade, wenn man die Autoindustrie zum Umdenken bringen wolle, kommentiert etwa der Hamburger Grünen-Fraktionschef Anje Tjarks. Und die bayerische Landeschefin Sigi Hagl fordert ihre Partei auf, mehr Mut für starke Debatten aufzubringen. "Ganz ehrlich Leute: Wie wollen wir die Verkehrswende denn ohne die Großen schaffen?", fragt sie über Twitter. Auch der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Dieter Janecek, findet die Einladung gut. Man könne den Daimler-Chef auf dem Parteitag gleich mal fragen, was er von der Strategie "Emissionsfreie Neuwagen" ab 2030 halte, sagt Janecek mit Blick auf die geplanten Beschlüsse der Grünen.

Die Grünen fordern, ab 2030 keine Autos mit Verbrennungsmotoren mehr neu zuzulassen

Dem Parteitag liegt ein Antrag vor, in dem der Bundesvorstand fordert, in Deutschland ab 2030 keine Autos mehr mit Verbrennungsmotoren neu zuzulassen. Wenn Deutschland das Klima-Abkommen von Paris ernst nehme, müsse man jetzt in die Verkehrswende hin zu abgasfreien Autos einsteigen, sagt Özdemir. Das sei auch eine Überlebensfrage für die deutsche Autobranche. Der notwendige Umstieg auf Elektromobilität klappe aber nur gemeinsam mit der Wirtschaft, ist der Parteichef überzeugt. "Dazu suchen wir den Dialog", verteidigt er seine Einladung an Zetsche.
Der Daimler-Chef ist außerdem nicht der einzige Gastredner, der zum Thema Klima und Verkehr auftreten wird. Zugesagt hat auch Regine Günther, Leiterin des Bereichs Klimaschutz und Energiepolitik beim WWF.

Doch es nicht das erste Mal, das führende Grünen-Politiker sich den Vorwurf des "Greenwashing" anhören müssen. Zuletzt sorgte im Juni diesen Jahres eine Broschüre für Aufregung, welche die Grüne Parteistiftung gemeinsam mit dem Luft- und Raumfahrtkonzern Airbus herausgegeben hatte. In dieser ging es auch um die Frage, wie der Flugverkehr nachhaltiger werden könne. Gerade aus grüner Perspektive sei der Austausch mit dieser klimapolitisch hoch relevanten Schlüsselindustrie besonders wichtig, erklärte der Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, Ralf Fücks. Seine Partei forderte er damals auf: "Wenn wir etwas bewegen wollen, können wir nicht nur anklagen."

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