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Süd-Nord-Achse. In der letzten Runde waren Bayerns Ministerpräsident Seehofer (CSU) und Schwerins Ministerin Schwesig (SPD) auf einer Linie.

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Vermittlung bei Hartz IV: Letzte Kringel

Und noch eine lange Nacht – weil Leyen nicht vorbereitet war, sagt die SPD. Am Mittwochvormittag ging es dann doch recht schnell. Nach gut anderthalb Stunden traten die CDU-Frau Leyen und ihre SPD-Kontrahentin Schwesig vor die Kameras.

Als CSU-Chef Horst Seehofer im Bundesrat eintrifft, ist ihm der Ärger noch anzumerken. „Es ist schon schwierig mit der Bundesregierung gewesen“, grummelt der bayerische Ministerpräsident, bevor er sich in die Sitzung des Vermittlungsausschusses begibt, der am Mittwoch den Hartz-IV-Kompromiss beschließen soll. „Es hätte alles ein bisschen professioneller laufen können.“

Eigentlich hätte das Gremium, in dem Politiker aus Bund und Ländern vertreten sind, bereits am Dienstagabend zu einem Ergebnis kommen sollen. Schließlich ging es um den Kompromiss, den Spitzenvertreter von Union, FDP und SPD in der Nacht zum Montag mühsam ausgehandelt hatten. Doch nachts gegen halb eins wurden die Beratungen des Vermittlungsausschusses auf Wunsch der Union noch einmal vertagt. Selbst auf den letzten Metern gestaltet sich die Hartz-IV-Reform halt schwierig. Dieses Mal verliefen die Fronten allerdings nicht zwischen Koalition und Opposition, sondern zwischen der Bundesregierung und den Ländern. Bis zuletzt sorgte außerdem die FDP für Verärgerung in den Reihen von SPD und Union. In den beiden Tagen vor dem Vermittlungsausschuss versuchten die Liberalen, die Zugeständnisse beim Mindestlohn in der Zeitarbeitsbranche wieder aufzuweichen.

Bei den letzten Streitigkeiten, die am Mittwoch dann schließlich ausgeräumt wurden, sei es nicht um „Kleinigkeiten“ gegangen, erläutert Seehofer vor der Sitzung. Wenn der Bund künftig den Gemeinden die Zuständigkeit für das Bildungspaket für die 2,5 Millionen Kinder aus Geringverdiener- und Hartz-IV-Familien gebe, müsse er auch das Geld dafür zur Verfügung stellen. „Das war bei den Vorschlägen, die gestern Abend auf dem Tisch lagen, nicht der Fall.“

In der nächtlichen Spitzenrunde am Anfang der Woche hatte der Bund zugesagt, den Kommunen die „Ist-Kosten“ für das Bildungspaket zügig zu erstatten. Für Zuschüsse zum Mittagessen in der Schule oder Kita, für Vereinsbeiträge, Nachhilfeunterricht und Schulausflüge ist bislang ein Budget von 1,6 Milliarden Euro eingeplant. Doch wenn es künftig mehr Ganztagsschulen geben sollte oder mehr Hartz-IV-Kinder Nachhilfe benötigen als bisher veranschlagt, wollen die Kommunen nicht auf den Kosten dafür sitzen bleiben. Und sie wollen auch nicht mehrere Jahre darauf warten, dass sie mögliche Kostensteigerungen vom Bund erstattet bekommen.

Mit den Formulierungen, die das Arbeitsministerium am Montagabend lieferte, einen Tag vor der Sitzung des Vermittlungsausschusses, waren weder Bayerns Ministerpräsident Seehofer noch die Sozialministerin aus Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), zufrieden. Denn der Gesetzestext sah vor, dass es für die tatsächlichen Ausgaben im Jahr 2012 erst 2014 einen Ausgleich gegeben hätte, also mit deutlicher Verzögerung. Dann aber, so war vor allem die Befürchtung aus der SPD, gebe es kaum einen Anreiz für die Kommunen, ihre Angebote für Hartz-IV-Kinder tatsächlich auszubauen.

Am Montagabend, kurz nach Mitternacht, schickten Schwesig und Seehofer daher ein gemeinsames Positionspapier der 16 Bundesländer an das Arbeitsministerium, in dem sie eine zügigere Abrechnung verlangten. In den mehr als sechsstündigen Beratungen am Abend danach konnten die Differenzen aber nicht ausgeräumt werden. Offenbar gelang es der Arbeitsministerin nicht, die Zustimmung des Finanzministeriums für eine zeitnahe Kostenerstattung zu erhalten, wie Teilnehmer der Sitzung berichten. In Telefonaten mit Haushalts-Staatssekretär Werner Gatzer habe es kein grünes Licht dafür gegeben, heißt es. Doch ohne diese Zusage wollten die Länder nicht einschlagen, Seehofer drohte nach Angaben aus Verhandlungskreisen, der Reform am Freitag im Bundesrat nicht zuzustimmen. „Frau von der Leyen war nicht gut vorbereitet“, schimpfte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann am Tag danach.

Am Mittwochvormittag ging es dann doch recht schnell. Nach gut anderthalb Stunden traten die CDU-Frau Leyen und ihre SPD-Kontrahentin Schwesig vor die Kameras: „Wir beide haben vor neun Wochen begonnen. Jetzt schließen wir die Verhandlungen ab“, sagte Leyen. In den Finanzbeziehungen beim Bildungspaket gebe es „Klarheit und Wahrheit“, das Geld werde „zeitnah“ ankommen, versprach sie. Sobald die Abrechnungen der Kommunen im Folgejahr vorliegen würden, werde der Bund auch den Ausgleich zahlen. Die ganz großen Gewinner dieser Reform, sagt die Arbeitsministerin, seien die Kommunen und die Kinder. Und die Schweriner Sozialministerin Schwesig, sichtlich zufrieden mit dem Erfolg der Länder, spricht von einem Ergebnis, „das sich sehen lassen kann“.

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