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Vermittlung: Das große Feilschen um die Hartz-IV-Reform

SPD und Grüne wollen im Vermittlungsverfahren zur Hartz-IV-Erhöhung möglichst viel herausholen. Auch die Koalition ist zu zügigen Gesprächen bereit.

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Berlin - Wenn Peter Altmaier damit anfängt, Selbstverständlichkeiten zu verbreiten, dann steckt meist etwas dahinter. Am Dienstag sagt der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion etwas scheinbar ganz besonders Selbstverständliches: „Gesetze können immer nur angewendet werden, wenn sie beschlossen sind.“ Der Satz ist erstens unbestreitbar richtig und zweitens eine politische Druckmaßnahme. Es geht nämlich um die Zukunft der Hartz-IV-Reform. Am Freitag wird der Gesetzentwurf der Regierung im Bundesrat voraussichtlich durchfallen und dann im Vermittlungsausschuss landen. Das indessen, sagt Altmaier, wird für die Betroffenen eine unangenehme Nebenfolge haben: Die fünf Euro Aufschlag auf den Hartz-IV-Regelsatz wird es zum Jahresanfang so wenig geben wie die zusätzlichen Bildungsleistungen für Kinder.

Dass es zur Vermittlung kommt, steht fest, weil sich die Saar-Grünen am Dienstag gegen die Hartz-Reform stellten. Für das Jamaika-Bündnisland bedeutet das im Bundesrat Enthaltung. Der schwarz- gelben Bundeskoalition fehlt damit eine Stimme zur Mehrheit – was für sie umso ärgerlicher ist, als der Ausstieg der Grünen aus der Hamburger Koalition den Stadtstaat für ein knappes Vierteljahr zum reinen CDU-Land gemacht hat und damit eine solche Mehrheit überhaupt erst denkbar wurde. Saar-Grünenchef Hubert Ulrich hatte überdies angedeutet, dass seine Partei sich ihr Verhalten noch mal überlegen könnte. Doch einen konkreten Preis dafür benannte er nie.

Um solche Preise wird es dann also in der Vermittlung gehen, die schon am kommenden Montag beginnen wird. Die Koalition bietet ein flottes Verfahren an, notfalls ohne Rücksicht auf Weihnachtspause und Fristvorschriften. Eine Einigung sei in wenigen Wochen denkbar, sagt Altmaier. Rasches Handeln sei auch sinnvoll, weil sich dann das neue Recht noch rückwirkend in Kraft setzen ließe. Für eine „vorgezogene Anwendung“ sehe er indessen keine Rechtsgrundlage – auf gut Deutsch: Liebe Opposition, wenn die Leute das Geld nicht kriegen, das ihnen das Verfassungsgericht zum 1. Januar zugesprochen hat, können sie sich bei euch bedanken.

Schon deshalb hat SPD-Vize Manuela Schwesig sich am Dienstag beeilt, ebenfalls für einen zügigen Verlauf zu plädieren. Aber natürlich erwartet die SPD weites Entgegenkommen von Schwarz- Gelb. Und die Grünen wollen auch viel verlangen. „Ein beleidigendes Weihnachtspaket zum Umtauschen“, nennt Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin den Gesetzentwurf der Arbeitsministerin und verspricht, seine Partei wolle für deutlich mehr Geld für die Bildungspolitik kämpfen. Etwa für Ganztagsschulprogramme, wie das auch die Sozialdemokraten fordern. Außerdem wollen SPD und Grüne auf Schritte in Richtung eines Mindestlohns drängen. Das ist nun wieder ein Geschäft, auf das sich die Union nicht einlassen mag. Altmaier verweist darauf, dass das Bundesverfassungsgericht es grundsätzlich untersagt hat, in den Vermittlungsausschuss Themen neu einzuführen, von denen im Beschluss zur Anrufung des Gremiums nicht die Rede war. Und anrufen wird die Bundesregierung, weil im Bundesrat den Oppositionsparteien dafür die Mehrheit fehlt.

Das forsche Fordern der SPD-Bundesspitze wird auf Länderebene freilich mit leiser Skepsis betrachtet. Denn zu viel Widerstand könnte auch nach hinten losgehen. „Mehr Geld für Hartz-IV-Empfänger an der SPD gescheitert“ – es wäre eben keine gute Schlagzeile für die Partei zum Auftakt eines Jahres mit sieben Landtagswahlen. Auch könnte es nicht gut aussehen, wenn man zwar viel fordert, am Ende aber nur wenig bekommt. Zu den Bedenken trägt wohl auch bei, dass Schwarz-Gelb im Vermittlungsausschuss rechnerisch auf eine Mehrheit kommen und damit im Zweifel auch gegen SPD, Grüne und Linke ein Ergebnis beschließen kann. Ob der Bundesrat dann ein zweites Mal ablehnt? Vielleicht nennt das Saarland ja seinen Preis noch.

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