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Blasphemie? Das Satiremagazin „Titanic“ zeigte den Papst mit befleckter Soutane. Prompt kam es erneut zu einer Debatte über die Verschärfung des Gotteslästerungs-Paragrafen. Foto: dapd

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Politik: Verschärfen oder abschaffen

Wie über das Blasphemie-Gesetz gestritten wird.

Berlin - Während die politische Debatte um ein Verbot des Schmähvideos ohne greifbares Ergebnis weitergeführt wird, ist eine juristische Frage anscheinend geklärt: Das Blasphemie-Gesetz wird nicht verschärft. Die Bundesregierung hat dem Vorstoß von Johannes Singhammer, Vize-Vorsitzender der Union-Bundestagsfraktion (CSU), eine entsprechende Absage erteilt. Es gebe keine Pläne hierfür, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch.

Singhammer hatte auf die „dramatische Aktualität“ verwiesen, die ein von der Union im Jahr 2000 eingebrachter Entwurf zur Reform des Paragrafen durch den Film „Die Unschuld der Muslime“ erlange. Nach dem damals vorgelegten Text soll jede öffentliche Beschimpfung eines religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses strafbar sein. Paragraf 166 im Strafgesetzbuch stellt Schmähungen religiöser Bekenntnisse oder Gruppen unter Strafe, wenn der öffentliche Friede gefährdet ist.

Unterstützt wird der bayerische Abgeordnete zwar vom Bamberger Erzbischof Ludwig Schick. Dieser forderte bereits im August ein Blasphemie-Verbot, nachdem das Satiremagazin „Titanic“ Papst Benedikt XVI. als inkontinent dargestellt hatte. Doch in seiner eigenen Partei steht Singhammer weitgehend alleine dar: Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) schließt eine Verschärfung ebenso aus wie Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger vom Koalitionspartner FDP. Auch die SPD stimmt zu. „Unser Strafrecht schützt das religiöse Bekenntnis in ausreichendem Maße vor Verunglimpfung. Eine Verschärfung des Blasphemie-Paragrafen ist weder erforderlich noch hilfreich“, sagte Burkhard Lischka, rechtspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, dem Tagesspiegel. Der Grüne Volker Beck geht sogar noch weiter: Er fordert die Abschaffung des Paragrafen 166. Dieser sei „ein Fremdkörper in einem freiheitlich-säkularen Wertesystem und somit schlichtweg verzichtbar“.

Die entgegengesetzten Forderungen nach einer Verschärfung auf der einen und nach der Abschaffung des Paragrafen auf der anderen Seite beschäftigt auch Juristen. Hans Michael Heinig, Professor für Kirchenrecht an der Universität Göttingen, sieht darin einen Indikator dafür, „dass der Straftatbestand in der bestehenden Form in der Mitte verortet und hinreichend ist“. Heinig hebt daher die Trennung von Politik und Religion hervor. „Die historische Lehre des säkularen Staates ist, sich nicht inhaltlich in religiösweltanschauliche Konflikte einzumischen. Ansonsten würde er seine Kompetenzen überschreiten.“ Simone Schelk

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