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Politik: Verschenkt?

Die Chance auf eine Irak-Resolution wird immer geringer. Das könnte die Geberkonferenz negativ beeinflussen

Von Ruth Ciesinger, Berlin, und

Mariele Schulze Berndt, Brüssel

Der Zwist um die geplante Irak-Geberkonferenz ist nur ein Symptom für die verfahrene Situation des Landes. Am 23. und 24. Oktober wollen die USA, EU-Mitgliedstaaten, aber auch Organisationen wie die UN oder die Weltbank in Madrid über die Finanzierung des irakischen Wiederaufbaus sprechen. Da aber eine Irak-Resolution immer unwahrscheinlicher wird, die zumindest teilweise die Macht der US–Besatzer an die internationale Gemeinschaft überträgt, haben Staaten wie Russland bereits Zweifel am Konferenztermin angemeldet. Moskau möchte ungern über die Finanzierung des Wiederaufbaus reden, wenn sich die internationale Gemeinschaft nicht zuvor auf die politischen Rahmenbedingungen geeinigt hat.

Die spanische Regierung hat allerdings klargemacht, dass sie an dem Termin festhält. Auch Fachleute glauben nicht, dass die Konferenz verschoben wird. Volker Perthes, Nahost-Experte der Stiftung für Wissenschaft und Politik, nimmt jedoch an, dass ohne Resolution das Konferenzergebnis entsprechend schlechter ausfallen wird; das würde bedeuten, dass anstatt der von USA und Weltbank veranschlagten 55 Milliarden Dollar, die in den kommenden vier Jahren im Irak gebraucht werden, eine deutlich geringere Summe zusammenkommt. Das wäre besonders für Washington unangenehm, das die Konferenz auch innenpolitisch unbedingt als Erfolg verkaufen will.

Perthes hält die Frage der bewilligten Gelder allerdings für zweitrangig, da die Zivilverwaltung im Irak noch keine finanziellen Sorgen habe. Problematischer, sagt er, ist das politische Signal, dass von dem Gerangel um die Geberkonferenz ausgeht. Je länger es keinen allgemein akzeptierten politischen Standpunkt gibt, wie im Irak zu verfahren ist, umso länger ziehen sich die Unruhen hin, und umso schwieriger wird es später, ein stabiles System zu errichten. So lange es keine Sicherheit und politische Stabilität gibt, so Perthes, flechten mafiaartige Organisationen ein immer dichteres Netz aus Waffen- und Drogenhandel. Dass nicht mehr US-Verteidigungsminister Rumsfeld, sondern Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice für die Stabilität im Irak zuständig ist, hat nach Meinung von Experten keinen Einfluss auf die Geberkonferenz. Der Stabwechsel, wird argumentiert, sei von einem Hardliner zum anderen erfolgt.

In Berlin wird betont, dass man von deutscher Seite die Geberkonferenz nicht verschieben will. Die Entscheidung darüber liege ganz bei den Gastgebern, also bei Spanien, wird Kanzler Schröder zitiert. Indes hieß es aus EU-Kreisen, die wichtigsten Geber des Hilfsfonds für den Irak hätten sich über dessen Arbeitsbedingungen verständigt. Und am Freitag hat auch die Weltbank ihre Bedürfnisstudie für den Irak vorgelegt, die als Grundlage für die Konferenz dienen soll. In ihr werden die verschiedenen Bereiche aufgelistet, die finanziert werden sollen. Die Geberländer können sich dann entscheiden, wofür sie Gelder aufbringen wollen. Die EU-Kommission hat schon beschlossen, 2003 und 2004 200 Millionen Euro für den Wiederaufbau bereitzustellen. Wie viel die einzelnen EU-Staaten zusätzlich geben werden, darüber wollten sie erst auf Grundlage der Weltbankstudie entscheiden. Die geht im übrigen davon aus, dass im Irak allein im kommenden Jahr 9,2 Milliarden Dollar für den Wiederaufbau gebraucht werden.

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