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Haben sich nicht mehr viel zu sagen: Frauke Petry und Bernd Lucke.

© Reiner Zensen/Imago

Verschiebung des Parteitags bei der AfD: Luckes Hoffnung auf einen Sieg könnte vergeblich sein

Die AfD sagt ihren Parteitag in Kassel ab. Vordergründig sieht es so aus, als profitiere Bernd Lucke davon. Doch am Ende könnte die von ihm durchgefochtene Satzung kippen - und Frauke Petry in eine Doppelspitze drängen.

Seit Monaten zanken sich die Führungskräfte der Alternative für Deutschland (AfD). Bei einem Bundesparteitag am übernächsten Wochenende in Kassel sollte es zur Entscheidung kommen: zwischen Frauke Petry und Bernd Lucke, zwischen dem konservativen und dem etwas weniger konservativen Flügel der Partei. Doch daraus wird nun nichts. Das Treffen in Kassel wurde am Dienstag per Mehrheitsbeschluss vom AfD-Vorstand abgesagt. Stattdessen soll Ende Juni ein Parteitag stattfinden, der Ort ist noch unbekannt. Die Parteibasis soll dann entscheiden, nicht Delegierte, wie es geplant war.

Denn gegen die Delegiertenwahlen in Nordrhein-Westfalen, Hessen und im Saarland hatte das Bundesschiedsgericht rechtliche Bedenken angemeldet. Sie sollen nicht ordentlich durchgeführt worden sein. Die Rede ist von fragwürdigen Wahlverfahren und fehlender Beschlussfähigkeit. So soll der NRW-Parteitag Anfang Mai in Siegen nach einer nächtlichen Unterbrechung am nächsten Tag in der Landesgeschäftsstelle in Düsseldorf fortgesetzt worden sein. Die Entscheidung zur Absage sei dem siebenköpfigen Bundesvorstand geradezu aufgezwungen worden, heißt es aus der Parteispitze.

Die Verschiebung verschafft Lucke im Machtkampf Zeit

Das ist deshalb nicht uninteressant, weil die nun gefundene Lösung auch von politischer Tragweite ist: Der Flügel um Parteichef Bernd Lucke war in den vergangenen Wochen zunehmend in die Defensive geraten. Seinem Aufruf, in den von ihm gegründeten parteiinternen Verein „Weckruf 2015“ einzutreten, folgten bisher nur 3000 der etwa 20.000 AfD-Mitglieder. Als Delegierte in NRW und Hessen hatten sich vor allem Lucke-Gegner durchgesetzt. Ohnehin hatte Lucke schon vor Monaten für einen Mitgliederparteitag geworben. An der Basis vermutet er einen größeren Rückhalt als unter den Funktionären, die mehr zu seiner Kontrahentin Petry neigen sollen.

Dass der Bundesparteitag erst in einigen Wochen stattfinden soll, verschafft Lucke im Machtkampf Zeit. Luckes engster Verbündeter, Ex-Parteivize Hans-Olaf Henkel, hatte das Chaos um die Delegiertenaufstellung bereits am Tag vor der offiziellen Absage genutzt, um Petry und NRW-Landeschef Marcus Pretzell anzugreifen. „Diese beiden haben die Hauptverantwortung für das Delegiertenchaos in unserem größten Landesverband“, sagte Henkel dem „Handelsblatt“. Petry, die sich in den vergangenen Wochen häufig mit Pretzell zusammen zeigte, hatte den Parteitag in Siegen geleitet. Parteivize Alexander Gauland hingegen kritisierte die Absage. Er habe angesichts rechtlicher Bedenken eher für das Motto „Augen zu und durch“ plädiert, sagte er dem Tagesspiegel. Die Wahl der Delegierten ist aber nicht das einzige Problem, mit dem sich die AfD im Moment herumschlagen muss.

Einsprüche beim Bundesschiedsgericht gibt es auch gegen die im Februar nur mit einer knappen Zweidrittelmehrheit verabschiedete neue Bundessatzung, für die Lucke vehement gestritten hatte. Sie sieht die Führung der AfD durch langfristig einen statt bisher drei Parteivorsitzende vor. Der damalige Basisparteitag in Bremen hatte wegen der Teilnahme von 2000 AfD-Mitgliedern in zwei getrennten Sälen stattgefunden. Das Bundesschiedsgericht ließ erkennen, dass die Bremer Satzungsentscheidung wohl ungültig ist – die Mitglieder hätten sich nicht ausreichend austauschen können. Den Vorschlag, bei dem geplanten Delegiertenparteitag nochmals über die Einerspitze abzustimmen, lehnte nun vor allem Lucke ab. Aber auch auf einem Mitgliederparteitag wird wohl noch einmal die Satzung zum Thema werden; nicht unwahrscheinlich, dass Lucke die Zweidrittelmehrheit diesmal verfehlt.

Kommt es am Ende doch noch zur Doppelspitze?

So könnte es passieren, dass die AfD am Ende doch von einer Doppelspitze geführt wird. Sollte Luckes Vorschlag diesmal scheitern, würde die ältere „Berliner Satzung“ gelten, die mindestens zwei Parteivorsitzende vorsieht. Theoretisch denkbar wäre zwar, dass Lucke und Petry diese Doppelspitze bilden. Beide erklärten aber, dass sie sich eine weitere Zusammenarbeit nicht vorstellen können.

Aus der Parteiführung heißt es, das Verhältnis zwischen beiden gleiche einer „scheidungsreifen Ehe“. Ein mögliches Szenario könnte so aussehen, dass Lucke und Petry zunächst gegeneinander antreten und der unterlegene Kandidat sich danach aus der Parteispitze zurückzieht. Sollte Lucke scheitern, rechnen viele mit einer Spaltung der AfD. Von Petry heißt es, sie plane keinen solchen Schritt.

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