zum Hauptinhalt
Aber relativ wahrscheinlich: Neben Hessen streichen auch Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen. Nur Sachsen-Anhalts Bildungsminister meint, man könne Brücken- und Straßensanierung verschieben, nicht die Bildung der neuen Generation.Foto: ddp

© ddp

Verschuldungskrise: Streichkonzert in Schulen, Kitas, Unis

Nicht nur Koch in Hessen will die Kosten für Bildung drücken. Auch andere Länder planen Abstriche.

Nur wenige Wochen vor dem Bildungsgipfel von Bund und Ländern am 10. Juni ist eine Debatte über die Sparvorschläge des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) entbrannt. Während mehrere Bundespolitiker Koch heftig kritisieren, wird bekannt, dass mehrere andere Länder bereits dabei sind, an der Bildung zu sparen. Und mehrere Finanzpolitiker stellen sich hinter Koch. So sagte der parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium Steffen Kampeter dem „Handelsblatt“, es sei gut, „wenn es Vorschläge aus den Ländern gibt, die klarmachen, dass es in der Haushaltspolitik so nicht weitergehen darf“.

In Politikerkreisen wird bereits befürchtet, die Finanzminister der Länder könnten das im Dezember auf dem Bildungsgipfel verabredete Ziel, bis 2015 zusätzlich 13 Milliarden Euro für Bildung aufzubringen, verschieben wollen. „Ich nehme bei den Ländern unterschiedliche Auffassungen darüber wahr, was das eigene Land dazu beitragen kann“, sagte Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU).

Berlins Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) sprach sich zwar dagegen aus, bei den Kitas zu kürzen. In den Ländern diskutiert werden müsse allerdings, „wie Mittel im Hochschulbereich effizienter eingesetzt werden können“, sagte Nußbaum, der auch Sprecher der Finanzministerkonferenz ist, dem Tagesspiegel.

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) sagte hingegen, in der Finanzkrise müsse alles getan werden, um die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Er sprach sich für eine Finanztransaktionssteuer aus, um den Haushalt zu konsolidieren. Damit wehrte er sich auch gegen Vorschläge aus der Unionsfraktion im Bundestag. Deren haushaltspolitischer Sprecher, Norbert Barthle, hatte erklärt, der Bund solle seine Bildungsausgaben nicht weiter steigern, und auf den Kitaausbau solle man verzichten. Der Bund will in dieser Legislaturperiode insgesamt 12 Milliarden Euro zusätzlich für Bildung und Forschung ausgeben.

Roland Koch hatte die Bundesregierung am Dienstag aufgefordert, angesichts der Verschuldungskrise konkrete Sparziele zu nennen. Er stellte die Garantie von Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren infrage und forderte, das Ziel aufzuschieben, bis 2015 zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Bildung und Forschung aufzuwenden. Hessen will im kommenden Jahr 75 Millionen Euro bei der Bildung kürzen, davon 45 Millionen bei den Schulen, 30 Millionen bei den Hochschulen.

Zum Teil deutliche Bildungskürzungen gibt es auch anderswo: Hamburg hat bereits beschlossen, die Kitagebühren zu erhöhen, was zusätzlich 30 Millionen Euro einbringt. Schleswig-Holstein erwägt, das erst vor einem Jahr eingeführte kostenlose letzte Kitajahr wieder abzuschaffen, um ebenfalls 35 Millionen Euro zu sparen. Und Bayerns schwarz-gelbe Koalition rückt vom Versprechen aus dem Koalitionsvertrag ab, 1000 zusätzliche Lehrer einzustellen. Dies werde wegen der angespannten Haushaltslage aktuell „nicht mehr anvisiert“, sagte unlängst Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU).

In Niedersachsen wird erwartet, dass die Haushaltsklausur im Juni klärt, wie insgesamt 1,3 Milliarden Euro gespart werden können. Diskutiert wird, das erst 2007 eingeführte beitragsfreie letzte Kitajahr abzuschaffen, um 100 Millionen Euro zu sparen. Als andere denkbare Lösung gilt, 1000 geplante neue Lehrerstellen erst später zu einzurichten.

Jan-Hendrik Olbertz, Minister für Bildung und Wissenschaft in Sachsen-Anhalt (parteilos für die CDU), sieht die Länder in einer „ernsten Notlage“. Durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz hätten sie weitere „erhebliche Einbußen“ erlitten. Aber der Schluss, bei Bildung und Wissenschaft zu sparen, sei völlig falsch: „Man kann die Sanierung von Straßen und Brücken verschieben, nicht aber die Bildung einer Generation“, sagte Olbertz. Sachsen-Anhalt plane trotz seiner dramatischen Finanzsituation bislang keine Einsparungen in der Bildung.

Olbertz befürchtet, dass das auf dem Dresdener Bildungsgipfel 2008 verabredete Ziel, im Jahr 2015 zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Forschung und Bildung auszugeben, wegen schrumpfender Wirtschaft sehr schnell erreicht sein könnte. Er hofft deshalb, dass die Länder und der Bund beim nächsten Bildungsgipfel im Juni weiter daran festhalten, bis 2015 zusätzlich 13 Milliarden Euro für Bildung aufzubringen.

Allerdings kann Olbertz sich nicht vorstellen, dass die Länder den „Qualitätspakt“ des Bundes für die Lehre an Hochschulen gegenfinanzieren werden. Schavan will den „Pakt“ am kommenden Montag auf dem „Bolognagipfel“ vorstellen. Der Bund hatte für zehn Jahre zwei Milliarden Euro in Aussicht gestellt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false