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In ländlichen Regionen müssen immer mehr Praxen schließen, weil es keine Nachfolger für Hausärzte gibt, die in den Ruhestand gehen.

© dpa

Versorgungsstrukturgesetz: Gesetzentwurf gegen Landarzt-Mangel

Mit der Aussicht auf bessere Bezahlung will die Bundesregierung junge Mediziner aufs Land locken. Das Bundeskabinett hat am Mittwoch einen entsprechenden Gesetzentwurf gebilligt.

Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf zur Behebung des Landarztmangels gebilligt. Damit will Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) die wohnortnahe medizinische Versorgung flächendeckend sicherstellen. Mediziner sollen vor allem durch finanzielle Anreize aufs Land gelockt werden. Vor allem dort finden viele Hausärzte, die altersbedingt aufhören, keine Nachfolger.

Um die Versorgungsqualität zu verbessern, will Bahr die Grenzen zwischen ambulanter und stationärer Behandlung durchlässiger machen.

Geplant ist, dass Ärzte von Reha- und Pflegeeinrichtungen in unterversorgten Gebieten Patienten auch von außerhalb behandeln können. Gemeinden soll Arztpraxen in Eigenregie betreiben können, bei Bedarf sind auch „rollende Arztpraxen“ vorgesehen.

Nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sind derzeit bundesweit 550 zur Patientenversorgung unbedingt notwendige Arztpraxen nicht besetzt. Die Lücke dürfte sich aber vergrößern.

Die Krankenkassen begrüßten zwar die beschlossenen Maßnahmen im Ansatz, warnten aber vor zu hohen Kosten. Sie befürchten finanzielle Zusatzbelastungen für die Versicherten und sprechen von einem „Ärzteversorgungsgesetz“. Sie plädieren für eine bessere Verteilung der niedergelassenen Mediziner.

Bundesgesundheitsminister Bahr hat den Eindruck zurückgewiesen, das Versorgungsgesetz gegen Ärztemangel auf dem Land sei im Kabinett umstritten. Er habe bei der heutigen Beratung und Verabschiedung des Gesetzes in der Ministerrunde „keine einzige kritische Wortmeldung“ gehört, sagte der FDP-Politiker am Mittwoch in Berlin. Er habe in dieser Angelegenheit die Unterstützung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und des Kabinetts insgesamt. Es gehe um das „hohe Gut der wohnortnahen Versorgung“ und um mehr Flexibilität.

In den letzten Wochen hatte es Berichte gegeben, wonach Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) Bedenken gegen das Gesetz angemeldet und sein Veto im Kabinett angedroht hatte, falls nicht eine Art Ausgabenbremse eingebaut werde. Schäuble konnte auf sein Veto verzichten.

Auf Schäubles Drängen kam der Passus ins Gesetz. Bis zum 30. April 2011 sollen die Ausgaben erneut geprüft werden. Sollten die tatsächlichen Kosten dann höher liegen als veranschlagt, muss Bahr das Geld durch Einschnitte im Gesundheitssystem ausgleichen. Das Gesundheitsministerium geht von jährlich insgesamt 320 Millionen Euro Kosten zusätzlich aus. Das Gesetzt wird nach der Sommerpause in Bundesrat und Bundestag behandelt.

Details zum Gesetzentwurf

Durch ein neues Honorarsystem sollen Anreize gesetzt werden, damit sich mehr Ärzte auf dem Land niederlassen. Bislang wird das Honorar von Landärzten ab einer bestimmten Zahl an Überweisungsscheinen gekappt. Künftig sollen sie für jeden Patienten gleich viel Geld bekommen. Zudem sollen sie für besondere Leistungen Zuschläge erhalten. Sie werden nicht länger verpflichtet, am Arbeitsort zu wohnen. In Ballungsgebieten soll die Überversorgung von Facharztpraxen abgebaut werden. Wenn ein Arzt seine Praxis in der Stadt verkaufen will, erhalten die Kassenärztlichen Vereinigungen künftig ein Vorkaufsrecht. Sie können dann die Praxis schließen, wenn kein Angehöriger des Arztes die Praxis übernehmen will.

Die Kassen und Ärztegewerkschaften begrüßten das Gesetz als guten Ansatz, um die ärztliche Versorgung auf dem Land sicherzustellen.

Die Gesundheitspolitiker der Opposition äußerten scharfe Kritik am Gesetzentwurf. Die Gesundheitsversorgung werde sich nicht verbessern, aber die Versicherten müssten mit steigenden Kosten rechnen, sagte Marlies Volkmer (SPD). Martina Bunge von der Linken wies auf Studien hin, die belegten, dass höhere Honorare Ärzte nicht dazu bewegten, aufs Land zu ziehen. Zudem werde eine Konkurrenz der Bundesländer um Ärzte entfacht. Auch die Grünen warnten vor erheblichen Mehrausgaben, die alleine von den Versicherten getragen werden müssten.

(dpa/dapd)

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