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Slobodan Milosevic (hier 2003) verstarb 2006 im UN-Kriegsverbrechergefängnis in Den Haag.

© AFP

Verstorbener Kriegsverbrecher: Streit um Denkmal für Serbiens Ex-Diktator Milosevic

Der 2006 verstorbene Slobodan Milosevic soll ein Denkmal erhalten – fordern Serbiens Sozialisten. Die Chancen dafür stehen so gut wie noch nie.

Serbiens Symbol der blutigen 90er Jahre ist aus der Versenkung zurückgekehrt. Das Antlitz des im Jahr 2006 im Gefängnis des UN-Kriegsverbrechertribunals in Den Haag verstorbenen Ex-Autokrat Slobodan Milosevic prangt wieder auf den Titelblättern. „Sloba erneut zwischen uns“, titelt das Wochenblatt „Vreme“ angesichts der Premiere der grotesken „Slobodan Show“ im Belgrader Nationaltheater. Noch mehr Staub wirbelt eine Initiative auf, die für die Rehabilitierung des 2000 gestürzten Ex-Diktators streitet: Die mitregierenden Sozialisten (SPS) in Serbien fordern ein Denkmal für den einstigen Vormann in Belgrad.

Blutige Kriege, Armut, Hyperinflation, der Verlust des Kosovo, die Nato-Bombardierung, politische Auftragsmorde, kriminelle Privatisierungen sowie die Plünderung von Rentenkassen und Devisenkonten prägten die bleierne Amtszeit von Serbiens mächtigen Strippenzieher. 85 Prozent der Europäer würden heute ein „positives Bild“ von Milosevic haben, ist der SPS-Ehrenvorsitzende Milutin Mrkonjic jedoch überzeugt.

Seine verurteilten Generäle sind in der Heimat rehabilitiert

Milosevic sei ein Staatsmann gewesen, der „bis zum Ende seines Lebens für die nationale Integrität gekämpft“ habe, begründet die SPS-nahe Bürgerinitiative „Sloboda – Freiheit“ den kurz vor dem zölften Todestag ihres Idols in der vergangenen Woche bei der Stadt Belgrad und Präsident Aleksandar Vucic eingereichten Antrag für ein Denkmal zu dessen Ehren: „Milosevic war ein Held seiner Zeit und Verteidiger des Landes in schweren Zeiten.“

Neu sind die SPS-Forderungen nach einem Sockel-Comeback ihres Gründers keineswegs. Doch die Chancen für dessen Realisierung scheinen so gut wie selten zuvor. Ob in der Politik, Verwaltung, in der Armee oder den Chefetagen der Staatsunternehmen und staatlichen Medien: Seit der Machtübernahme der nationalpopulistischen SNS im Jahr 2012 sind die einstigen Mitstreiter von „Sloba“ wieder auf dem Vormarsch. Selbst seine vom UN-Tribunal als Kriegsverbrecher verurteilten Generäle gelten in ihrer Heimat als längst rehabilitiert.

Nach den von der SNS klar gewonnenen Belgrader Kommunalwahlen zu Monatsbeginn scheint der Weg zum Milosevic-Monument geebnet. Das auffällige Schweigen der SNS zum Vorstoß ihres Juniorpartners werten besorgte Menschenrechtsorganisationen als Zeichen von deren stillschweigenden Zustimmung. SNS-Fraktionschef Aleksandar Martinovic hat angedeutet, dass das Milosevic-Monument im Doppelpack mit dem von der Regierung bereits bewilligten Denkmal für den 2003 ermordeten Reformpremier und langjährigen Milosevic-Gegner Zoran Djindjic abgesegnet werden könnte. Der Djindjic-Mord sei ein „tragisches Ereignis“ gewesen: „Aber dass Milosevic im Haager Tribunal starb, war auch tragisch.“

In der Milosevic-Geburtsstadt gibt es eine Gegeninitiative

Kritiker spötteln, dass der allgewaltige Staats- und SNS-Chef Vucic auch in der Denkmalsfrage auf seine bewährte Schaukelpolitik setzen könnte: Seinen Parolen „sowohl Russland als auch EU“ oder „sowohl Kosovo als auch Europa“ könnte ein „sowohl Djindic als auch Milosevic“ folgen.

„Entweder Serbien oder Sloba“, warnt indes die Zeitung „Blic“: „Man kann nicht auf dem europäischen Weg sein, und gleichzeitig ein Milosevic-Denkmal errichten und dessen düstersten Gefolgsleute wieder zurückbringen.“

In der Milosevic-Geburtsstadt Pozarevac hat inzwischen eine Gegeninitiative die Umbenennung der Lenin-Straße in die „Straße der Opfer von Slododan Milosevic“ beantragt – als Erinnerung an „alles Übel, das das Regime von Milosevic über Serbien und die Serben gebracht hat“.

Thomas Roser

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