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Verteidigung: Polen und USA einig über Raketen-Abwehrschild

Trotz massiver Kritik aus Russland haben sich die USA und Polen über die Errichtung eines Raketen-Abwehrsystems geeinigt. Es soll Europa vor möglichen Angriffen durch "Schurkenstaaten" schützen. Doch Russland sieht in dem Abwehrschild eine Bedrohung.

Die USA und Polen haben sich nach jahrelangen Verhandlungen und trotz heftiger russischer Kritik grundsätzlich auf die Errichtung eines US-Raketen-Abwehrschilds verständigt. Die Chefunterhändler beider Seiten unterzeichneten am Donnerstag in Warschau eine entsprechende Vereinbarung. "Wir haben den Rubikon überschritten", sagte Polens Regierungschef Donald Tusk dem Fernsehsender TVN. Nach seinen Angaben hatten die USA zuvor polnischen Forderungen unter anderem nach einer engen militärischen Zusammenarbeit im Bedrohungsfall zugestimmt. Die USA wollen zehn Abfangraketen in Polen stationieren. In Moskau wurde die Einigung kritisiert.

Nach polnischen Angaben stimmten die USA auch der Schlüsselforderung Warschaus zu, ständig Luftabwehrraketen vom Typ Patriot in Polen zu stationieren. In einer politischen Erklärung verpflichteten sich beide Staaten, im Falle einer Bedrohung durch Drittstaaten eng zusammenzuarbeiten. Damit könne Polens Territorium von erster Stunde an wirksam verteidigt werden, betonte Tusk.

Schutz vor "Schurkenstaaten"

Laut Tusk sind die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen. "Es bleiben technische Fragen", sagte der liberale Regierungschef. Die Vereinbarung soll den Parlamentsfraktionen sowie dem national-konservativen Präsidenten Lech Kaczynski vorgelegt werden, bevor sie unterzeichnet und vom Parlament ratifiziert wird. Die parlamentarische Mehrheit für das Projekt gilt als sicher.

In Washington wurde die Einigung begrüßt. "Wir glauben, dass die Raketenabwehr ein substanzieller Beitrag für das kollektive Sicherheitssystem der Nato ist", sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Dana Perino. Zugleich unterstrich sie, dass der Raketenschild sich nicht gegen Russland richte. "Das ist von der Logik her auch gar nicht möglich, berücksichtigt man, dass Russland es außer Gefecht setzen könnte." Der Zweck sei vielmehr, europäische Verbündete gegen mögliche Raketenangriffe von "Schurkenstaaten" wie dem Iran zu schützen.

Russland prophezeit erneute Spannungen

In Moskau warnte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im russischen Parlament, Konstantin Kossatschjow, vor einer Zunahme der Spannungen zwischen Russland und den USA wegen des Raketenschilds. Das Abkommen trage nicht zur Verbesserung der Sicherheit Europas bei, sagte Kossatschjow nach einem Bericht der Agentur Interfax. Kossatschjow betonte, es gebe weiter keine Beweise für eine konkrete Bedrohung seitens des Irans oder anderer Länder. Kossatschjow zufolge hängt der Zeitpunkt der Einigung hänge möglicherweise mit dem Südkaukasus-Konflikt zusammen. Die USA und Polen hatten Russland in den vergangenen Tagen wegen des Krieges gegen Georgien scharf kritisiert.

Unterdessen sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow einen Besuch in Warschau ab, wie Polens Außenminister Radoslaw Sikorski kurz nach der Einigung bekannt gab. Die Absage des für September geplanten Besuchs sei von russischer Seite jedoch bereits vor der Einigung mitgeteilt worden. Sikorski machte die "neue internationale Situation" für den Durchbruch bei den Verhandlungen mitverantwortlich. Pentagon-Sprecher Geoff Morrell sagte dagegen, es gebe keine Anzeichen für einen derartigen Zusammenhang.

Warschau und Washington verhandelten seit 2005 über die Stationierung von zehn Abfangraketen in Polen. Sie sollen wahrscheinlich bei Stolp (Slupsk) in Nordpolen stationiert werden. Außerdem ist die Errichtung einer amerikanischen Radaranlage in Tschechien geplant. (mr/AFP/dpa)

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