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Politik: Verteidigungsfall Klima

Bisher ignorierten die USA die Erderwärmung. Eine Pentagon-Studie sieht sie jetzt als Gefahr

Der Terror ist erst der Anfang. Die eigentliche Herausforderung für die „nationale Sicherheit der USA“ ist nicht das Islamisten- Netzwerk Al Qaida, sondern der Klimawandel. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Pentagon. Bisher hatte die Regierung des US-Präsidenten George W. Bush sogar die Existenz des Klimaproblems geleugnet. Einer der einflussreichsten Berater des Verteidigungsministeriums, Andrew Marshall (82), hat dem früheren Shell-Manager Peter Schwartz und Doug Randall den Auftrag gegeben, eine Prognose über die Folgen des Klimawandels zu erarbeiten. Dem britischen „Observer“, der die bisher geheim gehaltene Studie nun veröffentlichte, sagte Randall: „Das ist deprimierendes Material. Es ist eine Gefahr für die nationale Sicherheit, die deshalb einmalig ist, weil es hier keinen Feind gibt, gegen den wir unsere Waffen richten könnten, und wir keine Kontrolle über die Gefahr haben.“

Die Autoren haben führende Klimaforscher um mögliche Katastrophenszenarien als Folge der weltweiten Erwärmung gebeten. Als größtes Risiko sehen sie ein Versiegen des Golfstroms, der für das relativ milde Klima in Europa und an der Ostküste der USA verantwortlich ist. Schwartz und Randall nehmen dort deshalb eine starke Abkühlung an. Gleichzeitig käme es in den bisherigen Kornkammern zu dramatischen Dürren. Sturmfluten würden Städte wie Den Haag ebenso unbewohnbar machen wie große Teile von Bangladesch. Die Folgen wären unabsehbar. Die Autoren sehen auf jeden Fall Kriege um Ressourcen wie Lebensmittel, Wasser und Erdöl voraus. Um sich zu schützen, würden die USA sich vor Klimaflüchtlingen aus Mexiko, Südamerika und der Karibik abschotten müssen. Europa müsse mit Tausenden klimabedingten Hungerflüchtlingen aus Afrika rechnen und darüber hinaus auch noch Kälteflüchtlinge aus Skandinavien aufnehmen. Immer mehr Staaten würden deshalb nach Atomwaffen greifen – auch Deutschland.

Bob Watson von der Weltbank fragte im „Observer“: „Kann Bush das Pentagon ignorieren?“ Und Randall meinte, es lohne sich offenbar, den Verbrauch fossiler Energien wie Erdöl zu drosseln. Auch für die Klimaexpertin des Umweltverbands WWF ist die Konsequenz klar. Niemand könne die Folgen des Klimawandels ignorieren, sagte Jennifer Morgan dem Tagesspiegel: „Ich hoffe, dass das Pentagon das Weiße Haus mit dem gleichen Erfolg von der Notwendigkeit zu handeln überzeugt wie beim Irak-Krieg.“

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