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Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) sprach am Donnerstag in Berlin bei der Sitzung des Bundestages über das gescheiterte Milliarden-Projekt.

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Update

Verteidigungsminister: De Maizière rechtfertigt Euro-Hawk-Desaster

Die Opposition tut sich schwer damit, die Verantwortung für das Drohnendesaster klar zuzuordnen. Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) schweigt dazu und verteidigt den Stopp des milliardenschweren Drohnen-Projekts.

Von Robert Birnbaum

Es könnte ein gemütlicher Tag für den Bundesminister der Verteidigung werden. Die SPD-Opposition hat eine Große Anfrage zum Stand der Bundeswehrreform gestellt, die Regeln des Parlaments gebieten eine öffentliche Antwort, und so erhält Thomas de Maizière am Donnerstagmorgen die Gelegenheit zur freundlich getönten Selbstdarstellung seines Reformprojekts und die Opposition zu kritischen Anmerkungen. So weit, so Wahlkampf – wenn da nicht die Drohne wäre. Dieser „Euro Hawk“, dieses Superfernlenkflugzeug, das eine dreistellige Millionensumme geschluckt hat, aber nie in Dienst gestellt wird.

Am Mittwoch hatte de Maizières Staatssekretär dem Verteidigungsausschuss den Fall erläutert. Den meisten konkreten Fragen nach dem Hergang der teuren Pleite war der Beamte ausgewichen. Für kommende Woche ist der Minister selbst geladen. De Maizière hat sich offensichtlich vorgenommen, bis dahin ebenfalls einsilbig zu bleiben. Trotzdem wird am Donnerstag schon klar, wie seine Verteidigungslinie verlaufen wird: Wir haben erst versucht, die Probleme des Projekts zu lösen – und als sich zeigte, dass das nicht ging, haben wir es gestoppt.

„Lieber ein Schrecken mit Ende als ein Schrecken ohne Ende“, sagt der CDU-Politiker, und dass man das wieder so machen werde, wenn es sich bei anderen Projekten als nötig erweisen würde. Der kleine Verhaspler freilich, den er merkt, aber nach kurzem Zögern doch nicht korrigiert, darf als Hinweis darauf gelten, dass de Maizère in der Affäre ganz so cool nicht ist, wie er tut. Dass er eine halbe Milliarde Euro vorerst abschreiben muss, taugt in Zeiten knapper Kassen nicht als Erfolgsmeldung. Die Pleite droht am Image eines Machers zu kratzen, der sich selbst gern als solcher darstellt, der nach den Eskapaden des Vorgängers Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) wieder Vernunft hat einziehen lassen.

De Maizière betreibt also Schadensbegrenzung. Vor allem einen Eindruck will der CDU-Mann nicht stehen lassen: dass irgendwie letztlich er für das Debakel verantwortlich sei. Die Opposition versucht, aus ebenso verständlichen Gründen, diesen Eindruck zu forcieren. Dabei wissen die Wehrexperten von SPD, Grünen und Linken, dass das Scheitern des „Euro Hawk“ eine zwölf Jahre lange Geschichte hat, in der de Maizière nur das letzte Kapitel verantworten musste. Um so mehr suchen sie nach Indizien dafür, dass der Amtsinhaber das Aus für den Spionagefalken schon viel früher hätte anordnen müssen. Als er das Kommando im Bendler- Block übernommen habe, hält der SPD- Wehrexperte Rainer Arnold dem Minister vor, habe er angekündigt, alle Rüstungsprojekte zu hinterfragen. Aber schon 2011 – Arnold beruft sich dabei auf den Staatssekretär – hätten „alle Projektbeteiligten“ gewusst, dass es mit der Luftverkehrszulassung des in den USA gebauten Riesenvogels Probleme geben werde. „Sie haben nichts wirklich auf den Prüfstand gestellt!“ ruft Arnold.

Doch es liegt nicht nur an seiner bedächtigen Art, dass der Schwabe nur sehr, sehr indirekt über personelle Konsequenzen spricht: „Wollen Sie, dass die Kanzlerin in den nächsten Tagen sagt, sie stehe voll und ganz hinter Ihnen?“ Und es liegt auch nicht nur an de Maizières trotz gelegentlicher Irritationen der letzten Zeit sehr starker Position im Kabinett, dass es höchst unwahrscheinlich wäre, wenn Angela Merkel ihrem langjährigen Vertrauten durch die Blume die Vertrauensfrage stellen würde.

Nein, die Zurückhaltung der Opposition hat wesentlich auch zu tun mit den Schwierigkeiten der Beweisführung. Tatsächlich ist es ja nicht so, dass die Probleme mit der Drohne erst seit dem Aus am Dienstag bekannt wären. Fachjournalisten berichteten immer mal wieder. Zuletzt hatte sogar Ende März der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Kossendey (CDU) dem SPD-Wehrexperten Hans-Peter Bartels schriftlich bestätigt: „Es ist zutreffend, dass zum Erwirken einer Muster- und Verkehrszulassung für die Eurohawk-Serie (...) mögliche, nicht unerhebliche Mehrkosten identifiziert wurden.“ Bartels kommt aus Kiel, weshalb ihn das Projekt besonders interessierte. Auf dem Fliegerhorst im schleswig-holsteinischen Jagel steht schon fertig die Halle für den Flieger.

Weil der mit seinen 40 Metern Spannweite eine sehr große Garage braucht, sind da also 2,5 Millionen Euro erst einmal sinnlos verbaut. Trotzdem kann Kossendeys Antwort im Nachhinein als Beleg dafür herhalten, dass das Ministerium nicht versucht habe, die Probleme zu vertuschen. Sie dürfte sich denn auch in jener chronologischen Dokumentation wiederfinden, die de Maizière dem Parlament versprach. Eine Dokumentation, in der sicher noch andere Namen auftauchen werden – von den Ex-Ministern Peter Struck (SPD) und Franz Josef Jung (CDU) bis zu Jungs inzwischen pensioniertem Staatssekretär Peter Eickenboom, einem Mann mit SPD-Parteibuch, der 2006 unter der großen Koalition den Vertragsabschluss verantwortete.

„Am Schluss wird dabei rauskommnen, dass irgendwie alle Schuld haben, also keiner“, schwant einem Verteidigungspolitiker. Zumal die Zeit für Nachfragen knapp ist: Der Bundestag hat nur noch drei Sitzungswochen im Juni vor sich. Dann stellt das Parlament die reguläre Arbeit bis zum Wahltag ein.

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