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Verteidigungspolitik: "Wir brauchen nicht mehr Raketen"

Die große Koalition ist weiter uneins über das geplante Raketenabwehrsystem der USA in Osteuropa. Die CDU wirft der SPD und Kurt Beck Panikmache vor. Dabei können die Sozialdemokraten noch nicht einmal mit einer Stimme sprechen.

Köln - CDU-Außenexperte Eckart von Klaeden hat die Warnungen vor einem neuen Rüstungswettlauf kritisiert. Er könne diese Sorge vor einem Wettrüsten wegen des US-Vorhabens nicht nachvollziehen, sagte Klaeden im Deutschlandfunk. Zehn Abwehrraketen könnten kein "wirksames Instrument gegen tausende von russischen Raketen und Sprengköpfen" sein. Er glaube, "dass da Kollegen in der SPD ein bisschen auf die russische Propaganda hereingefallen sind", fügte der CDU-Politiker hinzu. Das US-Programm sei "nicht geeignet, gegen Russland gerichtet zu sein".

Offenbar glaube die SPD, "ein Thema gefunden zu haben, mit dem sie sich - wie vor der Bundestagswahl 2002 - populistisch als Friedenspartei darstellen kann", sagte Unionsfraktionsvize Andreas Schockenhoff der "Berliner Zeitung". Im Sender n-tv wies Schockenhoff auch darauf hin, dass die frühere Bundesregierung unter Gerhard Schröder (SPD) den US-Plänen nicht widersprochen habe. "Ich halte die Raketenabwehr für durchaus für sinnvoll angesichts neuer Bedrohungen", sagte CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Ruprecht Polenz (CDU), plädierte dafür, Russland in die Diskussion um den Aufbau eines Raketenschutzschildes einzubinden. Letztlich werde es "den Amerikanern niemand verwehren können, wenn sie sich selber schützen wollen, auch wenn die Nato insgesamt zu einem anderen Ergebnis für ihr Bündnisgebiet käme", sagte er im RBB-Inforadio. Wichtig sei aber auch dann, dass die USA dabei "mit Bedacht vorgehen", um nicht neue Gräben aufzureißen. "Da gilt es insbesondere auch mit Russland weiterhin in Kontakt zu bleiben" und Moskau "auch eine Beteiligung beispielsweise an dem System anzubieten", das möglicherweise die Nato entwickele.

Einig in der Uneinigkeit

Die SPD-Spitze hatte zuvor ihre deutliche Kritik an den Plänen der USA bekräftigt. "Wir brauchen nicht mehr Raketen", sagte Parteichef Kurt Beck am Montag auf einer Veranstaltung in Berlin. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier bezeichnete während seines Besuchs in Washington das Bedürfnis der USA allerdings als "legitim", sich mit dem geplanten Raketenabwehrssystem zu schützen.

Der SPD-Außenpolitiker Hans-Ulrich Klose machte im Südwestrundfunk hingegen deutlich, er halte den Widerstand von SPD-Chef Kurt Beck dagegen für sachlich unbegründet. Es gebe vielmehr gute Gründe für das Projekt: Falls beispielsweise Iran in den Besitz von Nuklearwaffen gelange und für eine Raketenabwehr dann keine Stützpunkte in Polen und Tschechien bereit stünden, drohe "Europa in der Tat schutzlos" zu werden, argumentierte Klose. Befürchtungen, die US-Abfangraketen könnten auch Russland bedrohen, nannte Klose "militärisch, nach meiner Auffassung, Unfug".

FDP-Chef Guido Westerwelle kritisierte, dass Steinmeier sich in Washington nicht kritisch, sondern eher verständnisvoll zu den US-Plänen geäußert habe. "Dieses Verständnis stößt auf unser Unverständnis", erklärte Westerwelle. "Die Koalition muss gegen die US-Raketenabwehr Farbe bekennen", verlangte auch Links-Fraktionschef Oskar Lafontaine. Die Grünen-Sicherheitsexpertin Angelika Beer erklärte, die US-Pläne bedeuteten "eine neue Qualität der Aufrüstung". Dagegen sagte der frühere Bundeswehr-General Klaus Naumann im Deutschlandfunk: "Von einem neuen Wettrüsten kann überhaupt keine Rede sein."

Frankreich gegen Raketenabwehr

Frankreich sieht die von den USA vorangetriebenen Pläne für eine Raketenabwehr in Europa mit großer Sekpsis. Raketenabwehrsysteme seien kostspielig und "von zweifelhafter Wirksamkeit", sagte Robert Ranquet, Vize-Generaldirektor im französischen Verteidigungsministerium. Deshalb habe "die Verteidigung der Bevölkerung und von Gebieten" durch Raketen für die französische Regierung "keine Priorität". Paris setze gegen Bedrohungen statt dessen weiter auf die nukleare Abschreckung. Ranquet wollte Forderungen von Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) nicht kommentieren, das umstrittene US-Raketenabwehrsystem in die Nato zu integrieren. (tso/ddp/AFP)

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