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Politik: Vertreter von Nazi-Opfern erfand seinLeid

Madrid - Enric Marco war in Spanien bis vor einer Woche eines der prominentesten Opfer des deutschen NS-Regimes gewesen. Als Präsident des „Freundeskreises Mauthausen“ hatte er in Hunderten von Vorträgen über sein Leben im Konzentrationslager berichtet.

Madrid - Enric Marco war in Spanien bis vor einer Woche eines der prominentesten Opfer des deutschen NS-Regimes gewesen. Als Präsident des „Freundeskreises Mauthausen“ hatte er in Hunderten von Vorträgen über sein Leben im Konzentrationslager berichtet. Jetzt musste der 84-Jährige zugeben, dass er nie in einem KZ gewesen war und seine Biografie gefälscht hatte.

Marco hatte noch im Januar in einer Gedenkstunde des Parlaments über seine Zeit im KZ berichtet: „Als wir ins Konzentrationslager kamen, wurden wir ausgezogen und Hunde bissen uns …“ Anfang Mai hatte er bekräftigt: „In einem KZ zu überleben, ist nicht nur eine Frage des Glücks, sondern der geistigen Stärke.“ Solch geistige Stärke besaß der Mann, der seit 30 Jahren in Schulen und Medien über den Horror berichtete, offenbar nicht. Er bekannte nun, „die Realität deformiert“ zu haben. Er habe sich seine Opferbiografie ausgedacht, entschuldigte sich Marco, „weil mir die Menschen so mehr zuhörten (…) und ich so die Leiden der vielen Personen, die in den Lagern waren, besser verbreiten konnte“.

Im Nazi-KZ Mauthausen im heutigen Oberösterreich starben mehr als 100000 Gefangene. Darunter etwa 7000 Spanier, die mit der französischen Widerstandsbewegung gegen Hitlers Truppen gekämpft hatten. Marcos Betrug wurde dieser Tage entdeckt, als ein Historiker die Liste der KZ-Insassen überprüfte und den Namen des Spaniers nicht entdeckte. Enric Marco hatte in seiner Biografie, die 1978 mit dem Titel „Erinnerungen der Hölle“ erschienen war, angegeben, in Mauthausen und dann im KZ Flossenbürg in der Oberpfalz interniert gewesen zu sein. Rosa Toran, die neue Präsidentin der Opfervereinigung „Amical de Mauthausen“ reagierte mit „Schmerz“ auf die Affäre, andere Überlebende nannten den Vorfall schlicht „schamlos“.

Ralph Schulze

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