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Vertriebene: Jetzt zerstreitet sich die FDP am Fall Steinbach

Abgeordnete kreiden Westerwelle im Fall Steinbach eine fehlende Exitstrategie an – dabei will ihm nun Ex-Parteichef Gerhardt helfen.

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Die unversöhnliche Haltung des FDP-Chefs und Außenministers Guido Westerwelle im Streit um die Besetzung des noch freien Postens im Stiftungsrat für das Zentrum gegen Vertreibung wird innerhalb der FDP-Bundestagsfraktion schon seit längerem kritisch gesehen. Und zwar sowohl in der Sache selbst als auch im Verhalten des Parteichefs. Bereits Anfang November hätten einzelne Abgeordnete in der Fraktion dazu kritisch Stellung genommen, hieß es am Mittwoch. Dabei sei es sowohl um die Weigerung Westerwelles gegangen, die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV), Erika Steinbach, in den Stiftungsrat zu berufen, als auch darum, welche Rolle die FDP bei der Besetzung spielen sollte. Eine förmliche Abstimmung in der Sache habe es allerdings nicht gegeben.

Klar ist, dass einzelne Abgeordnete der FDP nichts dagegen haben, der CDU-Bundestagsabgeordneten Steinbach den Sitz im Stiftungsrat zuzugestehen. Zu ihnen gehört auch Hans-Joachim Otto, der in der vergangenen Legislaturperiode Vorsitzender des Kulturausschusses war und nun Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium ist. Otto, genau wie Steinbach aus Hessen, hatte seiner Partei bereits Anfang Februar geraten: „Wenn der BdV seine Präsidentin Steinbach für den Stiftungsrat benennt, sollten wir dies unterstützen, zumindest akzeptieren.“ Eine Position, die in der FDP zwar nicht mehrheitsfähig ist, mit der Otto innerhalb der Fraktion allerdings nicht alleinsteht.

Zumindest Westerwelles kategorisches Nein zu der Personalie wird in der Bundestagsfraktion bei einer ganzen Reihe von Abgeordneten kritisch gesehen, obwohl sie in der Sache bei ihm sind. Von einem „Managementfehler“ ist in diesem Zusammenhang die Rede und von „fehlender Exitstrategie“, die letztlich der FDP schaden werde. Seit Tagen beharrt Westerwelle darauf, mit Rücksicht auf die deutsch-polnischen Beziehungen könne der noch freie Platz im Stiftungsrat unter keinen Umständen mit Erika Steinbach besetzt werden. Unabhängig davon, dass in der FDP die frühe und deutliche Einmischung des FDP-Vorsitzenden mit Sorge gesehen wird, zieht Westerwelle damit doch das brisante Thema von der Union hin zur FDP, fragen sich die Freidemokraten nun auch noch, wie der Außenminister mit dieser Haltung eine versöhnliche Lösung finden will, die sowohl vom Vertriebenenverband als auch von den polnischen Nachbarn akzeptiert werden kann. In ähnlicher Weise hatte sich der ehemalige FDP-Chef Wolfgang Gerhardt in der Fraktionssitzung an diesem Dienstag geäußert.

Nun spielt Gerhardt den Ball selbst in die Union zurück. Und zwar, indem er Steinbach auffordert, auf den Stiftungsratssitz zu verzichten und die Kanzlerin ermahnt, die BdV-Präsidentin dazu zu bewegen. Nicht nur in der Politik gebe es manchmal Situationen, in denen Verzicht gefragt sei, selbst wenn er dem Betroffenen persönlich als gänzlich unzumutbar und äußerst ungerecht erscheint, sagte Gerhardt dem Tagesspiegel. Die Debatte um Steinbach, so Gerhardt, „hat dieses Stadium zweifellos erreicht“. Nachdem es auf polnischer Seite „zweifelsohne Zuspitzungen und Übertreibungen“ gebe und auch Steinbach „nicht immer glücklich“ agiert habe, habe „das Ganze eine Chemie erreicht, deren Ingredienzen nicht vielversprechend und nicht zukunftsorientiert sind“, sagte Gerhardt. An die Adresse von Merkel sagte er: „Die Bundeskanzlerin kann sich dieser Situation auch nicht entziehen. Sie muss Frau Steinbach zum Verzicht bewegen.“

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