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Politik: Videoüberwachung: Objektschutz als Täterschutz?

Datenschützer haben es schwer. Seit Jahren wird um den Einsatz von Video-Kameras im öffentlichen Raum gestritten, seit Jahren melden Datenschützer immer wieder ihre Bedenken gegen einen Ausforschungsstaat an - doch die Angst vor "Big Brother" nimmt ab.

Datenschützer haben es schwer. Seit Jahren wird um den Einsatz von Video-Kameras im öffentlichen Raum gestritten, seit Jahren melden Datenschützer immer wieder ihre Bedenken gegen einen Ausforschungsstaat an - doch die Angst vor "Big Brother" nimmt ab. Die Realität ist eben der beste Feldversuch. Kameras sind überall: in Tankstellen, in Banken, in Bahnhöfen und Hotelgängen - und es tut nicht weh. Aufgezeichnet und gelöscht, Ex-und-hopp-Bilder also, so profan ist Überwachung. Ungenehmigte Ausforschung des Privatlebens, der gläserne Bürger - das sind die Parolen von gestern.

Erst recht, seit auch zahlreiche Web-Cams ungefragt Bilder aus dem öffentlichen Raum weltweit ins Internet senden. Da greift der Hinweis auf die Kameras der Stasi dann nicht mehr, die DDR-Bürger ausforschten - es kommt nicht auf die Technik an, sondern auf die Staatsform: Eine Diktatur ist eben etwas anders als eine Demokratie.

Kein Grund zur Aufregung. Über den Erfolg - und damit den Sinn - der Video-Aufzeichnungen kann man dagegen um so trefflicher streiten. Ein Allheilmittel ist die Kamera nicht. Die Briten, Vorreiter beim Einsatz von Kameras in großstädtischen Kriminalitätsschwerpunkten, ziehen eine zwiespältige Bilanz. Der unbescholtene Bürger fühlt sich in der Londoner Oxfordstreet unter Kameraobjektiven subjektiv sicherer, weil Dunkelmänner sich abgeschreckt fühlen müssen. Wer dennoch überfallen wird, muss freilich feststellen, dass die Video-Filmchen oft für eine Strafverfolgung nicht ausreichen, weil die Qualität der Bilder zu dürftig ist. Bestätigt fühlen können sich auch die Kritiker: Eine Kamera allein kann nicht die Kriminalität bekämpfen. Die Straftaten finden dann bloß woanders statt, fernab der Objektive.

Eine unnütze Debatte also? Nein, sie hat den Blick dafür geschärft, wo Kameras nützlich sein können: an gefährdeten Orten, vor jüdischen Einrichtungen etwa. Dort aber darf bislang nur auf privatem Gelände gefilmt werden. So zeigen die Videobänder nur den Stein, der die Scheibe zerschmettert, nicht aber den Steinewerfer auf der Straße. Das ist eine absurde Logik. So wird Objektschutz zum Täterschutz. Wer könnte daran Interesse haben? Auch die Kritiker nicht. Denn Kriminalität kann hier nicht durch Kameras verdrängt werden: Synagogen stehen nicht in jeder Nebenstraße.

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