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Politik: Viele Breitseiten gegen Rau, aber niemand ruft nach Rücktritt - Durch den Skandal in Hessen sind der CDU am Rhein die Hände gebunden

Laurenz Meyer lässt sich an diesem Tag nicht locken, seine Stimmlage bleibt stets ruhig. Worte wie "Skandal" oder auch "Lüge", die er in den vergangenen Wochen fast inflationär im Munde geführt hat, bleiben ungesagt.

Laurenz Meyer lässt sich an diesem Tag nicht locken, seine Stimmlage bleibt stets ruhig. Worte wie "Skandal" oder auch "Lüge", die er in den vergangenen Wochen fast inflationär im Munde geführt hat, bleiben ungesagt. "Ich möchte den Herrn Bundespräsidenten Rau ernsthaft bitten", begann der Düsseldorfer Oppositionsführer seinen kleinen Vortrag, und es folgte eine lange Liste von angeblichen Verfehlungen des früheren Düsseldorfer Regierungschefs. "Er kommt mit der Wahrheit nur scheibchenweise heraus", glaubt Meyer zu Beginn. Im Laufe des Frage- und Antwortspieles mit den Journalisten steigert er sich. Am Ende hat Rau mindestens fünfmal die "Unwahrheit" gesagt; was Laurenz Meyer tief betrübt, weil für den Herrn Bundespräsidenten andere Maßstäbe gelten als für normale Politiker.

Laurenz Meyer und seine Freunde aus der Opposition haben sich in Düsseldorf noch einmal die Fluglisten des ehemaligen Ministerpräsidenten vorgenommen, sind in zahlreiche Zeitungsarchive gestiegen und glauben gleich mehrere unwahre Geschichten zu Tage gefördert zu haben. Da gibt Rau in seiner Liste an, an einem September-Wochenende im Jahre 1994 gemeinsam mit Bankchef Neuber nach Hamburg geflogen zu sein und fügt hinzu, dass dieser Flug ohnehin stattgefunden hätte. In Hamburg hat Rau Wahlkampf gemacht und seinem Arzt abends zum Geburtstag gratuliert. "Wir wollen jetzt wissen, wer wen mitgenommen hat", poltert Meyer und fügt hinzu, Rau habe die Unwahrheit gesagt. Ebenso falsch seien seine Angaben zum Geburtstagsbesuch bei Helmut Schmidt in London kurz vor Weihnachten 1993 gewesen; in einem Zeitungsartikel habe später gestanden, Rau sei dort als Privatmann und eben nicht als Ministerpräsident gewesen.

Bei Heinz Schleußer hat Meyer Beifall gespendet, als der zurücktrat, weil er die Unwahrheit gesagt, gelogen hatte. "Für den Bundespräsidenten gelten strengere Maßstäbe", fügt Meyer an. Soll nun Rau zurücktreten, nachdem er fünfmal die Unwahrheit gesagt hat? "Nein, wir geben ihm noch bis Ende nächster Woche Zeit zur Korrektur", meint Meyer treuherzig und wundert sich, dass seine Botschaft kaum verstanden wird: "Wir nehmen Rücksicht auf den Bundespräsidenten." Später wird er gefragt, ob nicht viel eher sein Parteifreund Roland Koch aus dem Amt scheiden müsse, der habe - anders als Rau - sich selbst bezichtet, die Unwahrheit gesagt zu haben. Meyer schreckt auf: "Damit muss Herr Koch selbst fertig werden".

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