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Billige Arbeitskräfte: In der Gebäudereinigung, aber auch in der Gastronomie oder im Gesundheitswesen gibt es besonders viele Minijobber. Die meisten Putzhilfen in privaten Haushalten arbeiten dagegen schwarz. Foto: Jens Büttner/dpa

© picture alliance / dpa

Politik: „Viele Minijobber bekommen ihre Rechte nicht“

Der Leiter der Minijob-Zentrale, Erik Thomsen, über Versäumnisse der Arbeitgeber – und nicht angemeldete Putzhilfen im Haushalt.

Wer sind die sieben Millionen Minijobber in Deutschland?

Etwa 6,8 Millionen Minijobber sind im gewerblichen Bereich tätig, in Privathaushalten 250 000. Etwas weniger als die Hälfte von ihnen sind Rentner, Studenten oder Azubis. Es gibt 1,4 Millionen Über- 60-Jährige, die einen Minijob ausüben, und 1,2 Millionen Unter-25-Jährige.

Die Gewerkschaften kritisieren, dass durch Minijobs reguläre Beschäftigung verdrängt wird. SPD und Grüne wollen Minijobs eindämmen, die Linke will sie abschaffen. Missbrauchen Unternehmen dieses Instrument?

Bei 1,8 Millionen Unternehmen, die Minijobber beschäftigen, gibt es sicher Einzelfälle von Missbrauch. Ich glaube aber nicht, dass dies ein Massenphänomen ist. Seit Ende 2004 ist die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Jobs um zehn Prozent gestiegen, die der Minijobs im gewerblichen Bereich ist konstant geblieben, auch im Einzelhandel und im Gastgewerbe. Volkswirtschaftlich kann es also keine große Verdrängung von Beschäftigung gegeben haben. Natürlich gibt es in der Gastronomie besonders viele Minijobber, etwa die Hälfte der Beschäftigten. Aber wer kellnert schon abends im Biergarten? Das sind halt typische Minijobs. Ein Problem ist allerdings, dass fast die Hälfte der Minijobber nicht die Rechte bekommen, die ihnen zustehen: bezahlten Urlaub und Lohnfortzahlung bei Krankheit. Da muss sich etwas ändern.

Wünschen sich nicht viele Menschen einen richtigen Job?

Rund 2,7 Millionen Menschen üben ihren Minijob nur als Nebenjob aus. Zieht man außerdem Rentner und Studenten von der Gesamtzahl der Minijobber ab, kommt man auf rund 1,9 Millionen Menschen, die mehr arbeiten könnten, es aber nicht tun. Zwei Drittel von ihnen sind Frauen. Das sind die, die aus Sicht der Politik relevant sind. Laut Umfragen wollen und können aber nur ein Viertel dieser Frauen mehr arbeiten. Es geht also um 300 000 Personen. Ob man dafür wirklich Minijobs aufgeben will, muss die Politik entscheiden.

Die meisten Haushalte beschäftigen ihre Putzhilfen schwarz. Warum?

Wir gehen davon aus, dass sich von den 40 Millionen Haushalten in Deutschland etwa zehn Prozent in irgendeiner Form helfen lassen. Einer der Hauptgründe für Schwarzarbeit ist, dass sich die Hilfen nicht anmelden lassen wollen. Das sagen gut ein Drittel der Befragten in unseren Umfragen. Viele glauben auch, dass man so Geld spart. Dabei kann man als Arbeitgeber den Minijob von der Steuer absetzen. Außerdem gibt es eine große Abneigung gegen Behördenkram. Unser Haushaltsscheck-Verfahren ist aber wirklich nicht kompliziert.

Wenn es so schwer ist, legale Putzhilfen zu finden, kann man es den Leuten dann verübeln, wenn sie im Haushalt jemanden schwarz beschäftigen?

Natürlich ist die Gefahr, erwischt zu werden, relativ gering. Wir führen in Privathaushalten ja keine Kontrollen durch. Wir können nur dafür werben, so lange weiterzusuchen, bis man einen Minijobber findet. Aber da gibt es bei den Deutschen offenbar eine Doppelmoral. Wenn es um die Reichen geht, findet keiner Steuerhinterziehung tolerabel. Doch wenn Otto Normalverbraucher schummelt, lässt man ihm das eher durchgehen. Dabei ist der Schaden für die Volkswirtschaft größer, wenn 100 000 Haushalte schwarzarbeiten lassen, als wenn ein Prominenter Steuern hinterzieht.

Das Gespräch führte Cordula Eubel.

Erik Thomsen leitet die Minijob-Zentrale

in Essen, die deutschlandweite Einzugs- und Meldestelle für alle geringfügigen

Beschäftigungen.

Die Zentrale hilft bei der Anmeldung.

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