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Frank Plasberg hatte zum Thema Corona eingeladen.

© Stefan Pick/WDR

„Viele Schüler werden Patienten sein“: Oberarzt warnt bei „Hart aber fair“ vor Kinderpandemie – Spahn schweigt

Eigentlich sollte die Sendung den fragenden Bürger:innen gehören. Doch stattdessen machten sich die anwesenden Politiker gegenseitig Vorwürfe. Eine TV-Kritik.

Frank Plasberg musste sich einen Tag nach dem ersten "Triell" der Kanzlerkandidat:innen Armin Laschet (CDU), Annalena Baerbock (Grüne) und Olaf Scholz (SPD) schon weit aus dem Fenster lehnen, um das eigene Thema anzupreisen: "Corona schien schon fast abgehakt."

Dabei ist es vermutlich eher umgekehrt, das "Triell" war eine willkommene Abwechslung, um aus dem frustrierenden Corona-Thema, das in Wahrheit nach wie vor schwer über dem Land liegt, auszusteigen. Vielleicht ahnte Plasberg ja, dass es bei seinen Gästen vor allem um die Wiederholung der bekannten Argumente und Schuldzuweisungen gehen würde, die Sendung unter dem Strich wenig Neues bieten würde. Spoiler: So war es!

Angekündigt war ein "Bürgercheck", Menschen im Land wurden zuvor gefragt, durften Fragen formulieren, doch spätestens nach 30 Minuten ging es um Schuldzuweisungen und Verteidigungsreden. Es wurde laut und unübersichtlich. Teilweise beteiligte sich der Moderator an dem aufgeregten Gerede, das manchmal so durcheinander geriet wie die Corona-Politik der Bundesländer.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), Volker Wissing, Generalsekretär der FDP, Janine Wissler, Linken-Chefin, und Melanie Amann, Leiterin des Spiegel-Büros, nahmen sich da wenig. Einzig Cihan Çelik, Oberarzt auf der Corona-Isolierstation im Klinikum Darmstadt, konnte in die Rolle des übergeordneten Fachmanns schlüpfen.

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Um so glaubwürdiger war es, dass ausgerechnet er den Finger in die größte Wunde der Corona-Politik legte, nämlich die Frage nach dem Plan für die Kinder in den Schulen. Als Janine Wissler hier einhaken wollte, um Spahn die Versäumnisse in den Schulen aufzuladen, sprang ihr wieder Plasberg lautstark in den Weg, weil er parteipolitisches Geplänkel verhindern wollte.

Spahn sagte das, was immer gesagt wird von Regierungsseite, man müsse weiterhin vorsichtig sein, die 3-G-Regeln einhalten, testen, lüften und Masken tragen, außerdem würde das Risiko für Kinder unter zwölf Jahren ja "durch das Impfen der anderen sinken".

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Celik wiederum rechnete vor, dass bei sehr hohen Inzidenzen für diese Kinder, wie sie beispielsweise in NRW zurzeit vorkommen, etwa die Inzidenz 770 in Wuppertal, auch "viele Schüler Patienten sein werden". Doch darauf hatte wiederum niemand in der Runde eine gute Antwort. Das Dilemma der Corona-Entscheidungen war auch hier deutlich, übersetzt heißt es: Wir hoffen mal, dass es nicht so schlimm kommt ...

Der Anfang war noch am sachlichsten und auch verständlich, denn es ging um die Frage, ob die Tests ab Oktober wirklich nicht mehr kostenfrei sei sollen. Spahn begründete, dass die Sicherheit jetzt durch das Impfen größer werde und deshalb Tests, die vor allem dafür da seien, dass man privat ins Kino oder ins Restaurant geht, nicht mehr kostenlos sein müssen. "Drei Milliarden Euro würden solche Tests den Steuerzahler kosten". Tests für Schulen oder Arbeit sollen weiter kostenfrei bleiben.

Zu Beginn des Winters die kostenlosen Tests abzuschaffen, ist ein Risiko

Melanie Amann fand diese Haltung "mutig". Der FDP und der Linken warf sie vor – die wiederum Spahns Haltung nicht teilten – Angst davor zu haben, zu viel Druck auf die Bürger:innen ausüben zu wollen. Wissler und Wissing wollten das nicht auf sich sitzen lassen und sagten, der Zeitpunkt sei falsch. Ausgerechnet zu Beginn des Winters die kostenlosen Tests abzuschaffen, sei ein Risiko.

Doch mehr als Plasbergs gespielte Verwunderung, dass hier FDP und Linke einig waren, kam auch nicht mehr heraus.

Auch hier war es der anwesende Arzt, der ein wenig Luft aus diesem Teilthema nahm, als er sagte, dass gerade bei solchen Tests, die vor allem für Veranstaltungen genutzt werden, sehr selten positive Fälle herauskommen. Deshalb seien solche Tests gar nicht entscheidend.

Auch beim möglicherweise kontroversen Thema der Impfpflicht, etwa für bestimmte Berufsgruppen, waren sich alle einig: dass das nicht in Frage kommen sollte, auch nicht für bestimmte Berufsgruppen.

Am Ende, endlich die Fragen der Bürger:innen

Zum Ende des Talks fand Plasberg wieder mehr zur geplanten Struktur zurück, nämlich den Fragen der Bürger:innen. Eine Großmutter wurde zitiert: "Hätten wir eine höhere Impfquote, würde die Schulanfänger-Generation nicht traumatisiert fürs Leben." Aber auf dieses Statement ging Plasberg gar nicht ein, stattdessen fragten sich die Sendungsmacher, wann denn womöglich das Ende der Pandemie ausgerufen werden könnte, also ein Freedom-Day wie in England oder Dänemark.

Janine Wissler wollte einen solchen Tag nicht, weil "die Pandemie nicht nur national zu bekämpfen ist", Jens Spahn wiederum wurde drastischer, zitierte den neben ihm stehenden Celik mit der Warnung vor einer "Pandemie der Ungeimpften" und betonte, dass Großbritannien seinen Freedom-Day teuer erkauft habe, nämlich "mit Menschenleben. Wären wir diesen Weg gegangen, hätten wir Hunderttausend Tote mehr".

Dann war es auch schon wieder vorbei, und als Zuschauender blieb der Eindruck zurück, dass vermutlich schon bald eine neue Corona-Sendung folgt.

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