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Vier Fragen an Josef Joffe: Was macht die Welt?

Würste gegen Papier tauschen und Nörgeln als Kompliment verstehen

Vor dem EU-Gipfel verschärft sich der deutsch-französische Streit um die Euro- Krise in Griechenland. Wie ernst ist es?

Paris fordert wie auch der Weltwährungsfonds weniger Export und mehr Konsum. Das sollten die Deutschen von sich selber fordern, haben sie doch die höchste Exportquote der Welt (45 Prozent). Exportüberschüsse bedeuten: Wir geben den anderen Realien (Autos, Würste) und kriegen dafür Papier, wo $ oder ¥ draufsteht. Wir verzichten also auf Lebensstandard und machen uns noch abhängiger vom Weltmarkt als die Chinesen. Der Vize-Regierungssprecher meint, man könne die Exportwirtschaft nicht anweisen, mehr unattraktive Güter herzustellen. Dafür gibt’s eine Eins in Rhetorik und einen Gutschein für ein Ökonomie-Schnellstudium. Es ist im deutschen Interesse, den Konsum daheim zu beflügeln und damit der Welt in der Flaute Konjunkturhilfe zu geben.

Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen Bundeswehr-Oberst Klein wegen Kriegsverbrechen. Wie tauglich ist ein Zivilgericht für solche Fälle?

Kriegsverbrechen sind eine Sache des Kriegsrechts. Was im Krieg erlaubt sei, darüber zerbrechen wir uns den Kopf seit 500 Jahren. Denn es fehlt alles, was in das BGB und StGB einfließt: ein Gesetzgeber, ein Richter, eine Polizei, die über den Nationen steht, kurz: eine Weltregierung, die einen universellen moralischen Konsens verkörpert. Oder ganz praktisch: Wenn Oberst Klein vor Gericht kommt, kann er dann den Taliban- Chef von Kundus, der Terror und Totschlag befiehlt, als Entlastungszeugen aufrufen?

In seinem Hirtenbrief nimmt der Papst Stellung zum Kindesmissbrauch. Ein richtiges Wort zur richtigen Zeit?

„WmdW“ meint, dass die Kirche (wie auch im Falle der US-Bischöfe in den 80ern) die Anschuldigungen erst mit der gebotenen Sorgfalt behandelte, nachdem sie im weltlichen Raum ruchbar geworden waren. „WmdW“ glaubt freilich auch, dass Missbrauch überall dort zu finden ist, wo Macht (über Abhängige) und Nähe (in Büro oder Internat) zusammenkommen. Ob’s wirklich eine Frage der Konfession ist? Wie dem auch sei, hat die Una Sancta eine Verpflichtung, die Johannes Paul II schon 2003 formuliert hat: „Es gibt keinen Platz in der Priesterschaft für solche, die sich an den Jungen vergehen.“ Bis zu diesem Zeitpunkt musste die US-Kirche über eine Milliarde Dollar zahlen. Der Bankrott ist wohl noch mächtiger als ein Hirtenwort.

Ein Wort zur deutschen Außenpolitik …

Heute kein Wort zu Guido W. „WmdW“ will das Nörgeln des Auslandes am fehlenden deutschen Führungswillen als Kompliment verstehen. Unter Wilhelm Zwo gingen die Deutschen dem Rest der Welt auf die Nerven. Heute blicken die anderen aufmunternd auf Berlin. Damit gehen sie uns auf die Nerven. Ein Vertrauensbeweis bleibt es trotzdem.

Josef Joffe ist Herausgeber der „Zeit“. Fragen: mos.

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