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Joffe

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Vier Fragen an Josef Joffe: Was macht die Welt?

Zeit-Herausgeber Josef Joffe über Obama, Ahmadinedschad, die Taliban und den Kapitalismus.

Von US-Präsident Barack Obama wird gefordert, die CIA-Folterer vor Gericht zu bringen. Warum nicht auch Bush und Cheney?



Er wird es nicht tun, weil er das Land nicht einer solchen Zerreißprobe aussetzen will. Nützlicher wäre eine systematische Untersuchung, ob denn Erschöpfung, Erniedrigung und simuliertes Ertrinken überhaupt den gewünschten Effekt gehabt haben. Dabei könnte sich herausstellen, dass klassische Methoden – Geduld, Willensstärke und Intelligenz – nicht nur genauso gut, sondern besser funktionieren, weil der Gefangene nicht irgendetwas erfindet, um endlich der Psychoqual zu entgehen. Eine solche Erkenntnis würde Folter effektiver verhindern als Gerichte und Gesetze.

Der iranische Präsident Ahmadinedschad scheint sich auf der Genfer Rassismuskonferenz gemäßigt zu haben. Läuterung und Umkehr?

Leider nein. Einen Tag nach seinem Genfer Auftritt gab er in der iranischen Stadt Eslamschar wieder eine Probe seiner antisemitischen Zwangsneurosen. Der Westen habe „Holocaust und Zionismus“ zum „Götzen“ erhoben und wolle „alle Länder zwingen, ihm zu huldigen“. Der Iran aber werde „diesen Götzen zerschmettern“. Die Länder des Westens hätten sich „unter dem Banner des Zionismus versammelt, um die Welt zu beherrschen“. Das sind klassische Themen des Antisemitismus – Holocaust-Leugnung, Weltverschwörung. Der Unterschied ist, dass Ahmadinedschad schlau „Zionismus“ sagt und „Judentum“ meint. Merkwürdig ist, dass dieser Mann obsessiv Hass und Vernichtung predigt, aber niemand so genau hinhört.

Pakistan gerät immer schneller unter die Kontrolle der Taliban. Sollen wir die Bundeswehr ins Swat-Tal schicken?

„Immer schneller“ und „immer mehr“ sind Suggestivfragen, die vor Gericht und im Journalismus zu vermeiden sind. Die Taliban haben das Swat-Tal und nun Buner unter Kontrolle; Pakistan als solches ist etwas größer. Das Problem ist, dass die Pakistanis wie seit 60 Jahren ihre Armee für den Krieg gegen Indien ausbilden und den Anti-Guerilla-Kampf total vernachlässigt haben. Wie soll man einem Land helfen, das sich nicht selber helfen will?

Ein Wort zu Amerika ...


Wie denken die Amerikaner über den Kapitalismus? Laut jüngster Umfrage („National Journal“) glauben 64 Prozent, dass ihr Wohlstand heute stärker gefährdet ist als zu Zeiten ihrer Eltern. Anderseits glauben 42 Prozent, dass ihre Aufstiegschancen heute besser sind als vor einer Generation (29 Prozent: schlechter). Eines aber bleibt: Anders als die Europäer glauben die Amerikaner nicht an „Big Government“. 55 Prozent sehen den übermächtigen Staat als größte Gefahr für das Land, nur 32 Prozent sehen „Big Business“ in dieser Rolle.

Josef Joffe ist Herausgeber der „Zeit“ und berichtet im April aus Stanford, USA. Fragen: Fabian Leber.

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