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Beistand gesucht. Theresa May mit ihrem Mann am Sonntag nach dem Gottesdienst.

© AFP

Vier Fragen an Josef Joffe: Was macht die Welt?

Nato-Geburtstag, Trump, Rüstungsgüter und der leidige Brexit - Antworten des Kolumnisten auf vier Fragen des Tages.

Die Nato wird 70. Welches Ständchen stimmt WmdW an: „Happy Birthday2 oder eher „Nehmt Abschied, Brüder“?

Eher wie in dem Heidi-Brühl-Song „Wir wollen niemals auseinandergehen“. Die Nato ist das älteste Bündnis freier Staaten und hat mehr Klagen und Krisen überdauert als die Deutsche Bahn. Zudem hat sie sich andauernd vergrößert – von zwölf auf 29. Gekündigt hat keiner. Das bestätigt die Funktionalität dieses Bündnisses. Interessant: Der böse Trump, der die Nato für „obsolet“ hält, verstärkt die US-Europapräsenz mit frischen Truppen und schweren Waffen. (Der gute Obama hat US-Truppen abgezogen.) Eine so langlebige Allianz dient offensichtlich den Interessen ihrer Mitglieder, zumal die Euros nicht gerade scharf darauf sind, sich selber zu verteidigen.

Donald Trump sieht sich durch Robert Mueller voll entlastet – und WmdW?

Der erinnert sich an Richard „Watergate“ Nixon. Zwei Jahre nach dem Einbruch in das Wahlkampfhauptquartier der Demokraten wurde der „rauchende Colt“ gefunden und der Präsident zur Abdankung gezwungen. Wenn in der Schwatzbude Washington nach so langer Zeit nichts ruchbar wird, darf man annehmen, dass unter dem vielen Rauch kein Feuer glimmt. Jetzt muss Trump nur noch den Verdacht der „obstruction of justice“, der Behinderung der Justiz, überstehen. Dieser Tatbestand ist ein weites Feld, auf dem die Beweisführung nicht einfach ist.

Deutschland wird weiterhin keine Rüstungsgüter an Saudi-Arabien liefern. Ein Verrat an den europäischen Partnern?

Verrat nicht, aber auch nicht besonders helle, wenn D gleichzeitig ambitionierte Rüstungsprojekte mit Frankreich vorantreiben will. Wer lässt sich auf Milliardenprojekte ein, die leider einen Exportmarkt voraussetzen, wenn zum Schluss die braven Deutschen monieren, dass so manche Schraube „Made in Germany“ sei. Dass hier auch ein Heuchelei-Quotient im Spiel ist, liegt auf der Hand. Wir sind ja nicht allein mit moralischer Aufrüstung zum viertgrößten Waffenexporteur auf Erden avanciert. Aber die moralische Supermacht zu geben, macht immer was her.

Ein letztes Wort zum Brexit…April, April!

WmdW fällt zum Brexit nichts mehr ein – bis auf die kinderleichte Voraussage, dass eine ungeregelte oder „harte“ Scheidung beiden Seiten schwer schaden wird. Wie im Zivilleben, wo die Geschiedenen hinterher ärmer werden und doch ein Leben lang wegen der gemeinsamen Kinder aneinander gekettet bleiben. Einst waren die Briten der Hort von Rationalität und Pragmatismus; heute ähneln sie den Deutschen von vorgestern, die wähnten, dass viel Feind viel Ehr sei und sich auf Abenteuer einließen (WK I und II), die zum Abgrund werden mussten. „Rule Britannia“ ist nun „Fool Britannia“. Die EU macht keine bessere Figur.

Josef Joffe ist Herausgeber der „Zeit“

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