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Joffe

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Vier Fragen an "Zeit"-Herausgeber Josef Joffe: Was macht die Welt?

Die Schotten sind frei, freier als ein deutsches Bundesland. Die IS-Terroristen sind Killer - und blöd. Poroschenko hat wenig zu bieten - und Obama bietet zu wenig. Und die Kanzlerin beeindruckt im Kampf gegen Hass und Hetze - findet "Zeit"-Herausgeber Josef Joffe.

Schottland bleibt bei Großbritannien. Höchste Zeit, den deutschen Föderalismus europaweit zu exportieren?
Wieso? Schottland, das war doch das Demagogische an der Abspaltungskampagne, genießt in vielerlei Hinsicht mehr Freiheiten als ein deutsches Bundesland. Die Staatsausgaben im Norden sind 1400 Euro pro Kopf höher als im nationalen Durchschnitt. Die Kulturhoheit geht so weit, dass Schotten nix fürs Studium bezahlen, Engländer aber löhnen müssen. Schottische Abgeordnete können in Westminster über englische Angelegenheiten abstimmen, aber nicht englische über schottische, die in einem eigenen Parlament abgehandelt werden. Die Polizeigewalt ist rein schottisch. Bald werden die Schotten gar separate Einkommenssteuersätze beschließen können. Britannien ist längst nicht mehr der Zentralstaat der Tudors und Stuarts.

In Australien wollten IS-Terroristen wahllos Menschen enthaupten. Wie verwundbar ist die freie Welt?
Dass IS in Australien morden wollten, beweist, dass sie schlimmer als Killer sind; sie sind blöd. Die Hälfte aller Früh-Australier waren Sträflinge, die schon mal aufgrund einer mörderischen Drei-Monate-Seereise ein Härte-Gen an die Nachfahren vererbt haben. Denken wir daran, wie Crocodile Dundee mit Großechsen und zweibeinigem Gesindel fertig wurde. Im Falle Australien haben sich die Terroristen besonders blöd angestellt, wussten doch die Sicherheitskräfte, wer was wo vorhatte. Offensichtlich agierte die zweite Garde in „Down Under“. In großen europäischen Städten mit ihren Sympathisanten-Milieus werden die Sicherheitsbehörden nicht so ein einfaches Spiel haben.

Petro Poroschenko bei Barack Obama. Wer hilft da wem?
Obama dem Poroschenko natürlich. Die Ukraine, ein Land unter der Faust Wladimir Putins, hat nicht viel zu bieten. Und Obama – aus der Sicht Kiews – bietet nicht genug: ein Paket im Wert von 46 Millionen Dollar mit zum Teil sehr cleverem Gerät wie Konter-Artillerie-Radar, das den genauen Abschussort von Granaten identifiziert. Aber Obama liefert keine richtigen Waffen. Er konzentriert sich auf den Krieg mit IS und hofft, dass die große EU die Hauptlast bei der Eindämmung des russischen Neo-Imperialismus übernimmt.

Ein letztes Wort zur Anti-Antisemitismus-Kundgebung in Berlin...
Beeindruckend, wie demonstrativ Präsident, Kanzlerin und Minister gegen Hass und Hetze auftraten. Solche starken Gesten hat es in Paris und London nicht gegeben. Nachdenklich aber macht, warum Juden zu einem Protest aufrufen mussten, den die Mehrheitsgesellschaft hätte organisieren müssen. Rassismus und Gewalt gegen Minderheiten richten sich gegen alle, auch gegen jene organisierten Kräfte, die sonst wegen minderer Provokationen auf die Straße gehen.

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