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Christian Drosten, Direktor am Institut für Virologie der Charite Berlin.

© imago images/Janine Schmitz

Virologe Drosten zum Versammlungsverbot: „Um Ostern herum können wir die ersten Effekte ablesen“

Drosten spricht sich gegen eine gezielte Ansteckung junger Menschen aus, in der Hoffnung sie immun zu machen. Er setzt auf Antikörpertests.

Als eines der letzten europäischen Länder hat Großbritannien eine dreiwöchige Ausgangssperre verhängt. Zuwiderhandlungen sollen mit einem Bußgeld von 30 Pfund bestraft werden. Virologe Christian Drosten von der Charité Berlin sieht darin eine Trendumkehr der britischen Politik. Im NDR-Info Podcast zur aktuellen Lage rund um das Coronavirus äußert er die Vermutung, man habe eine „Fehlinvestition der Maßnahmen vermeiden wollen.“ 

Nachdem in den letzten zwei Tagen die Zahl der Todesfälle in Italien leicht zurückgegangen waren, hatte man bereits gehofft, dass die Maßnahmen der Regierung endlich fruchten. Die Ausgangssperre gilt bereits seit mehr als zwei Wochen. Aktuelle Zahlen zeigen allerdings, dass dies noch eine Weile dauern wird - am Dienstag wurden 743 Todesfälle gemeldet. Drosten warnte bereits, ein Rückgang der Todeszellen müsse mehrere Tage anhalten, um signifikant zu sein.

Auch in Deutschland sei es noch zu früh, um die Auswirkungen des Versammlungsverbots einschätzen zu können. „Die Fallzahlen werden erst erhoben. Ich denke, um Ostern herum können wir die ersten Effekte ablesen.“ 

Hintergrund-Informationen zum Coronavirus:

Die Idee, junges Klinikpersonal gezielt mit dem Coronavirus anzustecken, um sie immun zu machen, lehnt Drosten ab. Schließlich gebe es auch jüngere Patienten mit schweren Krankheitsverläufen. „Hat überhaupt jemand mal die jungen Leute gefragt, ob die sich infizieren lassen wollen?“ Man dürfe nicht so tun, als wäre der Coronavirus für junge Menschen völlig ungefährlich. 

Er hoffte stattdessen auf baldige Antikörpertests, die nachweisen können, ob man bereits mit dem Coronavirus infiziert worden ist. Dies würde die Arbeit im Krankenhaus für das Pflegepersonal sehr erleichtern. 

Maßnahmen in Südkorea nicht auf Deutschland übertragbar

Darüberhinaus ordnet Drosten die Maßnahmen der südkoreanischen Regierung ein. In dem stark vom Coronavirus betroffenen Land konnte zunächst der erste große Krankheitsausbruch auf ein einzelnes Ereignis zurückgeführt werden, was die Simulation der Krankheitsausbreitung vereinfacht habe. Bei einer religiösen Prozession habe es um die tausend Infektionen gegeben.

Anschließend habe man mit einem enormen Personalaufwand jeden einzelnen Infizierten kontaktiert und seine sozialen Interaktionen nachvollzogen - ein Szenario was Drosten in Deutschland für schwierig hält. Schließlich wurden dafür Handydaten ausgewertet und dies in einem Umfang, der „in Deutschland zu datenschutzrechtlichen Probleme geführt hätte.“ Außerdem sei die in Südkorea vorhandene Personaldecke in Deutschland nicht vorhanden.

Infektion der Lunge beginnt teilweise vor den ersten Symptomen

Neusten Erkenntnissen einer Studie der Universität Hong-Kong legen nahe, dass einige Patienten das Coronavirus bereits einem halben Tag vor dem Beginn eigener Symptome übertragen haben. Eine Ansteckung geschehe also häufig unbewusst. Die Infektion der Lunge, die im schlimmsten Fall die Krankheit Covid-19 auslösen kann, starte bereits 2 einhalb Tage vor dem Bemerken der ersten Krankheitssymptome. Die 1,5 Meter Abstandsregel in Deutschland sei also „absolut sinnvoll und genau richtig.“

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