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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) reist nach Griechenland.

© dpa

Visite im Krisenstaat: Merkel besucht Griechenland - nach dramatischem Hilfsappell

Angela Merkel fährt zu einem "normalen" Besuch nach Griechenland, heißt es aus dem Kanzleramt. Doch die Ankündigung kommt kurz nachdem Antonis Samaras sein Land mit der Weimarer Republik verglichen hatte.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) reist am Dienstag zu einem eintägigen Besuch nach Griechenland. Sie werde dort Ministerpräsident Antonis Samaras treffen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag in Berlin. Es handele sich um einen „normalen Besuch“, mit dem die Visite von Samaras im August in Berlin erwidert werde. Gesprächsthemen sind demnach die Situation in Griechenland und in der Euro-Zone, internationale und bilaterale Fragen.

Seibert räumte ein, dass die Reise „natürlich unter dem Eindruck der sehr schwierigen Situation, die Griechenland gerade durchläuft“, stehe. Merkel wolle mit dem Besuch den „verstärkten Reformeifer“ der Regierung Samaras unterstützen.

Seit Wochen herrscht Unklarheit über die finanzielle Zukunft Griechenlands. Das Land liegt bei der Umsetzung der von den internationalen Geldgebern geforderten Reformen und Einsparungen im Rückstand. Gleichzeitig fordert die Regierung in Athen mehr Zeit, um die Auflagen zu erfüllen. Zusammen mit der unverändert schlechten Wirtschaftslage entsteht dadurch eine Finanzierungslücke, deren Größe noch bestimmt werden muss.

Zuvor hatte Samaras im “Handelsblatt“ in einem dramatischen Appell um Solidarität mit seinem Land geworben und betont, ein Besuch Merkels wäre für das Verhältnis beider Völker sehr wichtig. Er warnte in eindringlichen Worten vor einem Absturz Griechenlands, sollte seine Regierung scheitern. Dann sei die Demokratie gefährdet und “wartet auf uns das Chaos“.

Samaras verglich die Situation mit der am Ende der Weimarer Republik in Deutschland. Die griechische Gesellschaft sei bedroht “durch etwas, das es in unserem Land noch nie zuvor gegeben hat: den Aufstieg einer rechtsextremistischen, man könnte auch sagen faschistischen, Neonazi-Partei“. Erhalte sein Land nicht bald die nächste Tranche an Hilfsgeldern, werde die Staatskasse Ende November leer sein. Ein Austritt aus der Eurozone sei dabei “keine Option für Griechenland - es wäre eine Katastrophe“. In dem vierseitigen Interview versicherte Samaras, sein Land werde die Zusagen gegenüber der EU und Deutschland einhalten. “Die Menschen wissen, dass dies die letzte Chance Griechenlands bedeutet“, unterstrich Samaras.

Seit Wochen verhandelt seine Regierung intern und mit der Troika aus Internationalem Währungsfonds (IWF), Europäischer Zentralbank (EZB) und EU-Kommission über zusätzliche konkrete Einsparungen. Eine Einigung ist die entscheidende Voraussetzung, dass gut 30 Milliarden Euro an Hilfsgeldern freigegeben werden. Noch ist nicht absehbar, wann der erforderliche Troika-Bericht vorliegt und ob darin eine Freigabe der Mittel empfohlen wird. Zuletzt gab es jedoch Signale aus den Partnerländern, dass Athen mit einer Zustimmung rechnen kann.

Samaras warb mit Nachdruck um die Unterstützung der Kanzlerin. “Angela Merkel ist für mich eine verlässliche Stütze“, sagte er. Sie sei jederzeit willkommen in Griechenland. “Wir wissen sehr zu schätzen, dass uns die Deutschen und die Europäer in dieser schwierigen Zeit helfen“, betonte Samaras. Zugleich machte er aber klar, dass die Griechen die Grenze ihrer Belastbarkeit erreicht haben. “Die bisherigen Einschnitte gingen bereits bis auf die Knochen“, sagte er. “Die Armut wächst, immer mehr Menschen müssen in Suppenküchen gehen, um eine warme Mahlzeit zu bekommen.“ Sein Land brauche mehr Zeit für die Haushaltskonsolidierung, machte der Ministerpräsident deutlich. Dabei gehe es nicht unbedingt um mehr Hilfskredite.

Auch von der EZB erbat er Unterstützung. Die Zentralbank könne etwa die Zinsen der griechischem Staatsanleihen in ihrem Portfolio senken oder die Laufzeit der Bonds verlängern. Die EZB hat allerdings schon darauf hingewiesen, dass dies eine Form unzulässiger Staatsfinanzierung wäre.

Zudem forderte Samaras eine direkte Banken-Rekapitalisierung über den Schutzschirm ESM. Ein erneuter Schuldenschnitt sei nicht Teil seines Kalküls. Samaras hob hervor, dass die Reformanstrengungen bereits erste Früchte trügen. Die wirtschaftliche Lage zeige zuletzt eine Reihe von Hoffnungszeichen. So hätten die Bankeneinlagen seit der letzten Wahl wieder zugenommen, bei der Haushaltsanierung gebe es Fortschritte und die Handelsbilanz habe sich wegen steigender Exporte verbessert. (AFP/dpa)

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