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Vitali Klitschko bei einer Diskussionsrunde in Berlin: "Meine Mutter ist Russin."

© AFP

Vitali Klitschko in Berlin: Dialog mit Wladimir Putin? Keine Chance!

Vitali Klitschko kümmert sich als Oberbürgermeister von Kiew auch um den Krieg im Osten der Ukraine. „Ohne Kampf, kein Sieg“, lautet sein Motto aus Boxer-Tagen. Daran hält er sich auch als Politiker.

Vitali Klitschko fehlen die Worte. In den vergangenen sechs Monaten als Kiewer Oberbürgermeister hatte er nicht viel Zeit, sein Deutsch zu pflegen, gibt der 43-Jährige zu. Doch es geht auf seiner nun schon zweiten großen Deutschlandreise als Chef der ukrainischen Hauptstadt auch um sehr schwierige Themen: Krieg und Wirtschaftskrise in der Heimat. Aus dem ehemaligen Profiboxer und Werbegesicht für überzuckerte Süßigkeiten ist längst ein professioneller Berufspolitiker geworden. Die passende Größe für das internationale Parkett hat er schon. Man kann ihn gut beobachten, von der letzten Sitzreihe aus. „Ohne Kampf, kein Sieg“, das Boxer-Motto sei für Vitali Klitschko in Zeiten des Krieges das höchste Gebot.

Einen großen Partner an der Seite, das ist so etwas wie die Lebensversicherung für die Ukraine. Und so dankt Klitschko bei jeder Gelegenheit allen „Freunden der Ukraine“, besonders Deutschland. Bei einem Treffen mit Bundestagsabgeordneten habe er die Rolle der Bundesrepublik im Konflikt mit dem „östlichen Nachbarn“ hervorgehoben. So beschreibt Klitschko Russland oft. Dementsprechend geht es am Freitag bei der Diskussionveranstaltung der „Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik“ (DGAP) um fast nichts anderes.

Eigentlich könne er als Bürgermeister über so viele Probleme reden, etwa über eine dringend benötigte Föderalismusreform oder eine noch wichtigere Initiative zur Energieeffizienz. Aber in Kiew bestehe der Arbeitsalltag aus zehn Bombendrohungen pro Tag. In U-Bahnen oder Regierungsgebäuden. Bisher waren es Falschmeldungen, doch anderswo „sterben Menschen im Land“. Auch das gehört zu seinem Amt.

„Meine Mutter ist Russin“, sagt Klitschko.

Ein deutlicheres Zeichen, dass Ukrainer und Russen Geschwister seien, gäbe es nicht. Neulich habe er mit Freunden aus Russland telefoniert, sie fragten, warum die Ukrainer Russland hassen würden. „Die Propaganda wirkt.“ Klitschko spricht mit langen Pausen, man kann ihm ansehen, wie er seine Ideen im Kopf übersetzt.

Ein Dialog mit Russland ist für Vitali Klitschko derzeit kaum vorstellbar. Auf die Frage, was die Europäische Union tun könne, vor allem bei der Schließung der russisch-ukrainischen Grenzen – für Klitschko das Hauptproblem im Osten des Landes –, gibt er eine klare Antwort: „Wir brauchen Know-how, Technologie, und ich sage es auch direkt: Wir brauchen auch finanzielle Unterstützung.“ Die Grenze müsse geschlossen werden. Denn ohne Rubel, Waffen und Propaganda vom „östlichen Nachbarn“ gibt es laut Klitschko auch keinen Krieg.

Der Dialog liegt aber auch auf der anderen Seite der Grenze sehr fern: Das geplante Krisentreffen der Ukraine-Kontaktgruppe kommt nach Informationen der prorussischen Separatisten aus dem Donbass wieder nicht zustande. Die Vertreter aus Kiew hätten eine Teilnahme an den Verhandlungen in Minsk abgesagt, sagte der Separatistenanführer Denis Puschilin der Agentur Interfax. Es ist nicht das erste Mal, dass geplante Friedensgespräche in letzter Minute abgesagt werden.

Bei der von der DGAP veranstalteten Diskussion war kritisches Nachhaken nicht möglich, eine Frage aus dem Publikum war dann aber doch sichtlich unangenehm für Bürgermeister Klitschko: „Warum haben so viele Deutsche Verständnis für Wladimir Putin?“ Klitschko hält inne, er hat trotz der bekannten Sprachprobleme genau verstanden um was es hier geht. Deutschland sei ein zu wichtiger Partner, um die Freundschaft zur Ukraine anzuzweifeln. Und die russische Propaganda wirke halt auch hierzulande.

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