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Politik: Volker Rühe: Das Störfeuer

Volker Rühe ist wieder da. Monatelang war der Ex-Verteidigungsminister für seine Parteifreunde nicht wahrnehmbar.

Von Robert Birnbaum

Volker Rühe ist wieder da. Monatelang war der Ex-Verteidigungsminister für seine Parteifreunde nicht wahrnehmbar. Jetzt signalisiert er mit einem Grundsatz-Papier für eine "Sicherheitsstrategie für das 21. Jahrhundert", dass er wieder als führender Außen- und Sicherheitspolitiker der CDU/CSU in Erscheinung treten will. Das Papier ist aber auch aus einem anderen Grund bemerkenswert. Mit ihm stellt sich die Union hinter die Pläne der neuen US-Regierung zum Aufbau eines neuen Raketenabwehrsystems, bekannt unter dem Kürzel NMD. Der knapp vier Seiten lange Antrag für den Bundestag wurde am Dienstag von der Fraktion einstimmig verabschiedet - trotz mancher Bedenken vor allem unter CDU-Außenpolitikern gegen NMD.

Rühe zielt mit seinem Papier auf Unstimmigkeiten innerhalb der Bundesregierung. Die habe bisher laviert: Während führende Koalitionspolitiker die US-Pläne als "Teufelswerk" gebrandmarkt und vor einem neuen Rüstungswettlauf gewarnt hätten, habe Kanzler Gerhard Schröder (SPD) Interesse an einer technologischen Mitwirkung der Deutschen gezeigt. Wenn Schröder demnächst in Washington seinen Antrittsbesuch mache, müsse er schon sagen, was nun gelten solle: Ablehnen und Mitmachen zugleich gehe ja wohl nicht. Erst am Mittwoch warnte Außenminister Joschka Fischer, die US-Regierung wegen der NMD-Pläne scharf zu kritisieren. "Mit dem Amtsantritt von Präsident Bush ist die Entscheidung des Ob gefallen. Die Rede ist jetzt vom Wie", sagte er der "Zeit".

Rühe will Klarheit: NMD ist gut, insbesondere wenn es zu einem Schutzschild ausgebaut wird, unter den auch die europäischen Nato-Partner, vielleicht sogar befreundete Nicht-Nato-Länder schlüpfen können. Mit Fragen der Machbarkeit oder der Kosten mag sich Rühe derzeit nicht abgeben.

Für Rühe ist NMD die logische Weiterentwicklung der Atomstrategie der Abschreckung. Gegen Terroristen oder "Schurkenstaaten" wie Irak helfe keine Drohung mit Vergeltung. Darum sei der Aufbau eines Systems sinnvoll, das imstande wäre, einzelne Atomraketen im Flug unschädlich zu machen. Dies liege schon wegen der Nähe zu solchen Krisenherden im besonderen Interesse Deutschlands und Europas. Zumal - sagt Rühe, ohne für diese Behauptung Belege beizubringen - ein solcher Schutzschild große Chancen für atomare Abrüstung biete. Die massiven Bedenken Russlands scheren den CDU-Politiker dabei nicht.

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