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Teilnehmer einer Demonstration vor dem bayerischen Landtag

© dpa/Sven Hoppe

Volksbegehren „Rettet die Bienen“: Der Schwarm bringt die CSU in Bedrängnis

Das Volksbegehren für Artenschutz stößt in Bayern auf große Resonanz. Ministerpräsident Markus Söder muss nun zwischen Bauern und Naturschützern vermitteln.

Die Staatsregierung mag Volksbegehren nicht, denn eigentlich sollte sie ja mit der Parlamentsmehrheit die Politik bestimmen. Der kleinen Koalitionspartner Freie Wähler (FW) hat die Bienen-Initiative mit Blick auf die Bauern von vornherein klar abgelehnt. Sehr unangenehm ist es für die CSU: Ministerpräsident Markus Söder hatte sich auch skeptisch gezeigt, wollte aber erst die Resonanz abwarten.

Wie sich gezeigt hat, ist diese sehr groß. Bis gestern Abend war erwartet worden, dass sich deutlich mehr Wähler in die Listen eintragen als die benötigten zehn Prozent. Söder vollzieht derzeit die Wende vom scharfzügigen Polarisierer zum Landesvater, der, wie er sagt, den "gesellschaftlichen Konsens" sucht.

Für kommenden Mittwoch hat er alle Beteiligten zu einem "Runden Tisch" eingeladen, um parteiübergreifend nach Lösungen für mehr Artenschutz zu suchen.

Besonders für die Grünen als stärkste Oppositionskraft ist das Volksbegehren ein voller Erfolg. Sie zählen neben der ÖDP und dem Bund Naturschutz zu den Initiatoren. Fraktionschef Ludwig Hartmann wertet die Aktion als "Abstimmung mit den Füßen". Für ihn belegt die Resonanz, dass die Menschen einen besseren Arten- und Naturschutz wollen.

Wird das Volksbegehren angenommen, dann treten zahlreiche Änderungen im Naturschutzgesetz ein: Es gibt mehr Blühwiesen, weniger Pestizide dürfen eingesetzt werden, die Landwirtschaft wird verpflichtet, bis 2030 mindestens 30 Prozent der Flächen ökologisch zu bewirtschaften.

Die Verfassung des Freistaats Bayern aus dem Jahr 1946 sieht vor, dass nicht nur das Parlament, sondern auch das Volk direkt Gesetze erlassen kann. Der Prozess fängt mit dem Antrag an: Einen Gesetzesentwurf müssen mindestens 25.000 Bürger unterschreiben. Ist das Vorhaben verfassungsgemäß, wird das Volksbegehren gestartet: Für einen Erfolg müssen sich in zwei Wochen zehn Prozent der Wähler in den Rathäusern eintragen, das sind 950.000 Unterschriften.

Ist dieses Quorum erreicht, kann der Landtag von sich aus den Text als Gesetz beschließen. Oder es kommt zum Volksentscheid, bei dem bayernweit darüber abgestimmt wird. Der Landtag kann einen eigenen Gesetzestext als Alternative zur Wahl stellen.

Prospekt des bayrischen Volksbegehren "Rettet die Bienen".
Prospekt des bayrischen Volksbegehren "Rettet die Bienen".

© Lino Mirgeler/dpa

Seit 1967 gab es 21 Volksbegehren. Fünf davon wurden bisher zu Gesetzen, das Bienen-Volksbegehren wäre das sechste. Unter den erfolgreichen Volksbegehren waren etwa die Abschaffung des Senats als zweite Parlamentskammer, das Rauchverbot in der Gastronomie und das Aus für die Studiengebühren. Ein Öko-Thema gab es schon 2004: Naturschützer stellten sich gegen die damalige Forstreform. Sie fürchteten, dass die Wälder privatisiert und kommerzialisiert würden und der Naturschutz auf der Strecke bliebe. Mit 9,3 Prozent Unterschriften scheiterte die Initiative aber an dem Quorum.

Ja, in der Theorie. Für freiwillige ökologische Anstrengungen werden Landwirte heute bezahlt. Werden die Naturschutz-Maßnahmen aber per Gesetz verlangt, würde eine besondere Förderung entfallen. Für viele sei die Arbeit dann unrentabel, warnt der Bayerische Bauernverband und fürchtet ein Höfesterben. Vertreter des Öko-Landbaus hingegen befürworten das Volksbegehren. Die Initiatoren sagen, dass es am Ende keinem Bauern schlechter gehen werde als bisher, im Gegenteil. Mit Sicherheit dürften Wege gefunden werden, wie man Einnahmeausfälle der Landwirte ausgleicht.

Für die CSU ist die Lage schwierig. Zu einem Volksentscheid will sie es nicht kommen lassen, denn das wäre eine Abstimmung gegen sie. An seinem Runden Tisch wird Söder versuchen, die Bauern zu befrieden, zugleich muss er den Naturschützern mehr bieten, als diese jetzt schon erreicht haben.

Erzielt er tatsächlich einen Konsens, könnte beim Volksentscheid ein für alle besser erscheinender Gesetzentwurf als Alternative zum Bienen-Text zur Wahl gestellt werden. Die zweite Möglichkeit: Der Landtag übernimmt das Volksbegehren kurz und schmerzlos, danach sattelt die CSU-FW-Koalition noch etwas drauf, Söder könnte sich als besserer Umweltschützer präsentieren.

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