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Politik: Volle Kassen, spätes Urteil

Strafe für Alain Juppé, den Chef von Frankreichs Konservativen

Das Urteil des Gerichts im Pariser Vorort Nanterre schlug bei den französischen Konservativen um Staatspräsident Jacques Chirac wie eine Bombe ein: In der mehr als zehn Jahre zurückliegenden Affäre um illegale Parteienfinanzierung im Pariser Rathaus zugunsten Frankreichs konservativer Partei wurde Alain Juppé – Ex-Premierminister, Bürgermeister von Bordeaux und mächtiger Parteichef der UMP – zu 18 Monaten Haftstrafe auf Bewährung verurteilt. Außerdem wurde dem 58-Jährigen sein passives Wahlrecht für zehn Jahre entzogen.

Die Richter hielten Juppé für schuldig, mindestens sieben Fälle von Scheinbeschäftigung in der Pariser Verwaltung unter dem damaligen Bürgermeister Chirac gedeckt zu haben. Juppé war seinerzeit im Pariser Rathaus für die Finanzen zuständig und gleichzeitig Generalsekretär der konservativen RPR. Die Gehälter der fiktiv Angestellten sorgten für volle Kassen in der damaligen Chirac-Partei RPR. Juppé hatte die Vorwürfe stets zurückgewiesen und zudem angekündigt, im Falle seiner Verurteilung von all seinen politischen Ämtern zurückzutreten.

Juppés Rechtsanwalt kündigte umgehend Berufung gegen den Richterspruch an. Die Staatsanwaltschaft hatte dafür plädiert, den politischen Status des Politikers unangetastet zu lassen.

Nun ist alles anders gekommen: Für die Konservativen Frankreichs, die sich nach Chiracs glorioser Wiederwahl im Sommer vor zwei Jahren erst neu formiert hatten, kommt das Urteil einem Erdbeben gleich. Niemand hatte mit einer solchen gerichtlichen Härte gerechnet. Juppé wird, so urteilten politische Beobachter kurz nach dem richterlichen Donnerschlag, nicht nur seine eigenen hochfliegenden Karrierepläne begraben müssen, sondern auch die Träume seines großen Vorbildes Chirac, der ihn gerne als Nachfolger im Präsidentenamt gesehen hätte.

Außerdem erwartet das politische Paris nun ein Personal-Chaos in der derzeit wichtigsten französischen Partei, der UMP. Ein standhafter Nachfolger für Juppé in der Partei ist nicht in Sicht. Der von allen ungeliebte, extrem ehrgeizige Innenminister Nicolas Sarkozy, der sich derzeit als möglicher Nachfolger von Chirac ins Spiel bringt, hat nun freie Bahn.

Sabine Heimgärtner[Paris]

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