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Politik: Vom Erdboden verschluckt

Wie konnte Saddams Gefolge verschwinden? Einige Theorien

Amman/Kairo . Mit Saddam Hussein sind offenbar nicht nur seine engen Mitarbeiter verschwunden, sondern auch tausende Vertreter des irakischen Überwachungsstaats und der Diplomatie. Alle sind wie vom Erdboden verschluckt. Wie konnten angesichts der von den Amerikanern weitgehend zerstörten Kommunikationsstrukturen trotzdem fast alle Ministerialbeamten, Soldaten und Kämpfer wissen, dass sie am Mittwoch besser das Weite suchen oder zu Hause die Parteiabzeichen verbrennen sollten.

Die Art und Weise wie die USSoldaten den Großteil von Bagdad unter ihre Kontrolle gebracht haben, hat bei vielen arabischen Beobachtern außerhalb des Irak den Verdacht geweckt, die Entscheidung, die Hauptstadt aufzugeben, sei schon vor längerer Zeit gefallen. Andere glauben dagegen an ein Geheimabkommen zwischen Amerikanern und Angehörigen der militärischen Führung des Irak.

Die arabische Zeitung „Al-Hayat“ berichtet in ihrer Ausgabe vom Donnerstag unter Berufung auf diplomatische Quellen, Washington habe sich möglicherweise mit den sunnitischen Generälen geeinigt, um eine große Konfrontation in Bagdad, Tikrit und anderen Städten mit vorwiegend sunnitischer Bevölkerung zu vermeiden. Dadurch wollten die Amerikaner ein Gegengewicht zur schiitischen Bevölkerungsmehrheit schaffen. Der libanesische Parlamentssprecher Nabih Berri glaubt, dass die russische Regierung bei einer solchen Vereinbarung die Rolle der Geburtshelferin gespielt hat, und dass der „Deal“ beim jüngsten Besuch der Nationalen Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice in Moskau besiegelt wurde.

Als erster Vertreter des irakischen Regimes hat der Botschafter bei den Vereinten Nationen die militärische Niederlage seiner Regierung eingeräumt. „Das Spiel ist aus“, sagte UN-Botschafter Mohammed al Duri am Mittwochabend in New York. Er hoffe, das irakische Volk werde in Zukunft in Frieden leben. Al Duri soll noch am Donnerstag in New York von UN-Generalsekretär Kofi Annan empfangen werden. Das gaben die Vereinten Nationen kurz vor dem geplanten Gespräch bekannt.

Die irakische Botschaft in Jordanien wird seit Mittwoch von jordanischen Soldaten geschützt. Bisher war das in dem arabischen Land nur für westliche Botschaften für nötig gehalten worden. Obwohl an der Grenze zu Jordanien keine irakischen Soldaten mehr stehen, verlangten die Jordanier am Morgen noch irakische Visa zur weiteren Reise nach Bagdad. an/dpa

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