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Eine Krankenpflegerin in der Corona-Intensivstation der Uni-Klinik in Dresden.

© dpa/Sebastian Kahnert

Vom Gratis-Taxi bis zum Pflegebonus: Das erhalten „Alltagshelden“ für ihren Coronavirus-Kampf – außer Applaus

Beschäftigte in Krankenhäusern bekommen derzeit viel Applaus der Bevölkerung. Doch bis zur Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen ist es ein noch weiter Weg.

Zu der harten Arbeit kommt für viele „Alltagshelden“ der Frust hinzu. Im Kampf gegen das Coronavirus leisten Ärzte, Pfleger und Krankenschwestern in diesen Tagen endlose Schichten. Wollen sie nach Dienstschluss dann für sich und ihre Familien noch etwas einkaufen, stehen sie im Supermarkt oft vor leeren Regalen, weil ihnen Hamsterkäufer das Wichtigste weggeschnappt haben.

Um dagegen etwas zu tun, bieten Einzelhändler im ganzen Land inzwischen einen speziellen Service an: Sie schließen ihre Geschäfte für die normale Kundschaft – und lassen für einige Stunden nur medizinisches Fachpersonal rein. „Wir wollen einfach helfen“, sagt der Einzelhändler Nico Burkowski aus Essen, der sich auf Bitten der örtlichen Krankenhäuser an der Aktion beteiligt hat. „Wir erhalten dafür viel Dankbarkeit.“

Mehr als nur Applaus vom Balkon

Wie Menschen aus „systemrelevanten Berufen“ unterstützt werden können, darüber ist auch eine politische Debatte entbrannt. Dabei ist für viele klar, dass es langfristig mehr geben muss als Sonderöffnungszeiten im Supermarkt oder den Applaus für die „Alltagshelden“, zu dem sich jeden Abend Menschen auf ihren Balkonen und am Fenster versammeln.

Die SPD-Abgeordnete Hilde Mattheis ist Mitglied im Gesundheitsausschuss des Bundestags.
Die SPD-Abgeordnete Hilde Mattheis ist Mitglied im Gesundheitsausschuss des Bundestags.

© Maximilian Neudert.

„Der abendliche Applaus ist eine gute Motivation und eine schöne, emotionale Geste“, sagt die SPD-Gesundheitspolitikerin Hilde Mattheis. „Doch bloße Gesten reichen nicht. Was die Beschäftigten in den Krankenhäusern und in der Pflege über die Krise hinaus brauchen, sind langfristige Verbesserungen ihrer Arbeitsbedingungen.“ Die Bundestagsabgeordnete fordert einen flächendeckenden Sozialtarif sowie eine Verkürzung der Arbeitszeiten bei vollem Lohnausgleich.

Doch soweit ist die Politik noch lange nicht. Bund und Länder ringen beim „Pflegebonus“ um eine einheitliche Regelung. An diesem Mittwoch will die Bund-Länder-Arbeitsgruppe nach Angaben von Schleswig-Holstein erstmals dazu beraten.

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Bislang sollen vor allem Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen mehr Geld bekommen. Auf Bundesebene sieht das Covid-19-Krankenhaus-Entlastungsgesetz vor, dass Pflegeeinrichtungen durch die Pandemie bedingte Kosten über die Pflegeversicherung erstattet bekommen. Zum 1. April wurde zudem der sogenannte Pflegeentgeltwert um knapp 40 Euro auf 185 Euro erhöht. Die Kliniken erhalten bei den persönlichen Schutzausrüstungen einen fallbezogenen Zuschlag in Höhe von 50 Euro.

Im Geldbeutel der „Alltagshelden“ macht sich das alles jedoch nicht bemerkbar. Was die für ihren Beitrag im Kampf gegen die Pandemie bekommen, das unterscheidet sich teils stark. So zahlt Bayern 500 Euro Pflegebonus pro Person. Mitarbeiter in Kliniken sowie Alten- und Pflegeeinrichtungen erhalten einen Essenszuschuss von 6,50 Euro pro Tag. In Schleswig-Holstein hingegen beträgt der einmalige Bonus für Pflegekräfte 1500 Euro.

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Mit Blick auf eine einheitliche Lösung fordert die Landesregierung von Baden-Württemberg, dass auch Arbeitgeber und Krankenkassen bei der finanziellen Aufwertung des Pflegeberufs stärker herangezogen werden. Auch in Niedersachsen sieht man vor allem die Arbeitgeber in der Pflicht, für dauerhaft höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen zu sorgen. Im Gesundheitsministerium des Landes drängt man indes auf Sonderparkrechte – und auf Tarifverträge.

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NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) pocht ebenfalls auf dauerhaft faire Arbeitsbedingungen durch flächendeckende Tarifverträge, die über kurzfristige Corona-Einsatzprämien hinausgehen. „Ich gönne den Beschäftigten eine solche Bonuszahlung natürlich von Herzen“, sagt er dem Tagesspiegel. „Aber wir dürfen nicht vergessen, dass es in dieser Krise derzeit viele gibt, die sehr gefordert sind und Ungewöhnliches leisten. Wir brauchen mehr als eine einmalige Wertschätzung gegenüber dem Einsatz der Beschäftigten.“

Karl-Josef Laumann (CDU), Gesundheitsminister von Nordrhein-Westfalen, im Plenum des Düsseldorfer Landtags.
Karl-Josef Laumann (CDU), Gesundheitsminister von Nordrhein-Westfalen, im Plenum des Düsseldorfer Landtags.

© dpa/Federico Gambarini

Bis Politik, Arbeitgeber und Krankenkassen ein einheitliches Vorgehen finden, werden sich viele Beschäftigte aus den Krankenhäusern wohl mit den kleinen Hilfen im Alltag begnügen müssen.

So bieten die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) medizinischem Personal Gratis-Fahrten mit dem Sammeltaxi „Berlkönig“ an, das seit Ende März Ärzte, Pfleger oder Krankenschwestern kostenlos vom Arbeitsplatz nach Hause oder zum Dienst fährt. Rund 2000 Beschäftigte aus den Krankenhäusern hätten sich mittlerweile für das Angebot registriert, sagt ein BVG-Sprecher.

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Man habe das Einsatzgebiet des „Berlkönig“ extra ausgeweitet. Es gebe mehrere Hundert Fahrten pro Tag. In München startete Anfang des Monats ein ähnliches Angebot. Einen Tag darauf meldeten die Taxi-Unternehmer allerdings bereits die Überlastung – die Nachfrage nach den Kostenlosfahrten war riesig.

Anstatt solcher Einzelhilfen fordert die Gewerkschaft Verdi indes Bonuszahlungen für alle Beschäftigte in „versorgungsrelevanten Bereichen“ – nicht nur im Gesundheitswesen, sondern vor allem auch im Einzelhandel, wo es aufgrund der verlängerten Öffnungszeiten auch mehr Umsatz gebe.

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