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Politik: Vom Hochwasser verschont – von Berlin belohnt Bayern kritisiert „Chaos“

bei Verteilung der Soforthilfe

Von Rainer Woratschka

Christoph Hillenbrand gibt sich nachsichtig. „Keiner verkennt“, sagt der Sprecher des bayerischen Innenministeriums, „dass sich schnelle Hilfe nicht punktgenau steuern lässt.“ Doch wie die Soforthilfe des Bundes für die Opfer der Flutkatastrophe in Bayern verteilt worden sei, das habe schon einen „leicht chaotischen Charakter“ gehabt.

In Passau wird man deutlicher. „Ein Schnellschuss“ schimpft Vize-Bürgermeisterin Dagmar Plenk. Bei der Höhe der Hilfen habe sich der Bund allein an der Einwohnerzahl orientiert, „dadurch ist ein völlig verzerrtes Bild entstanden“. So bekam die Drei-Flüsse-Stadt, die ihren Schaden auf fünf Millionen Euro beziffert, nur 569 250 Euro. Der Landkreis Garmisch-Partenkirchen hingegen, der zwar auch den Katastrophenfall ausgerufen hatte, aber gerade mal auf drei Schadensfälle kam, erhielt fast eine Million.

Bedingung für die Soforthilfe war die Ausrufung des Katastrophenfalls, die Höhe richtete sich nach der Einwohnerzahl. „Diese Verknüpfung ist falsch“, sagt Hillenbrand. So habe der Kreis Unterallgäu mit 1200 beschädigten Gebäuden bislang keinen Cent gesehen, weil es dort keinen Katastrophenalarm gab. „Es kann nicht sein, dass künftig jeder gleich den Alarmknopf drückt, wenn der Kachelmann im Fernsehen die Arme hebt – bloß damit ihm kein Geld entgeht.“

Unter den betroffenen Bundesländern steht Bayern mit seinem Unmut allein. Den Sachsen, Anhaltinern und Brandenburgern fehlt, wie eine Umfrage ergab, noch der diesbezügliche Überblick. Und das Bundesinnenministerium weist die Kritik zurück. Schließlich, so Staatssekretärin Brigitte Zypries, sei es darum gegangen, schnellstmöglich zu helfen. Eine Bestandsaufnahme sei nicht möglich gewesen, sie liege in den meisten Regionen bis heute nicht vor. Gleichwohl räumt Zypries „einzelne Ungerechtigkeiten“ ein – und forderte bereits drei bayerische Landräte „nachdrücklich“ zur Rückzahlung auf.

Doch so schnell wird das Geld nicht wieder in der Bundeskasse sein. Man müsse warten, ob sich nicht noch Geschädigte meldeten, heißt es im Landratsamt Rosenheim, wo man die überwiesenen 2,7 Millionen Euro als ein bisschen überdimensioniert empfindet. „Wir werden den überwiegenden Teil zurücküberweisen“, versichert Albrecht Ott vom Landratsamt Garmisch-Partenkirchen. Bloß die Schadensbilanz der Gemeinden, die wolle man vorher auf dem Tisch haben.

Bislang wurden 52,7 der zur Verfügung stehenden 100 Millionen Euro ausgezahlt – an sechs Städte und 29 Landkreise. In einer zweiten Tranche, die sich nach der jeweiligen Schadenshöhe richte, würden „Ungleichgewichtigkeiten korrigiert“, so Zypries. Die Sorge, dass sich bereits entstandene Schieflagen nicht mehr ausgleichen ließen, teilt ihr Ministerium nicht. Schließlich sei das Geld nur für Bürger, nicht für den Aufbau zerstörter Infrastruktur bestimmt. „Wir fordern Verwendungsnachweise“, sagt Ministeriumssprecher Dirk Inger. Und gibt sich zuversichtlich, dass die Kommunen „das, was sie nicht brauchen, wieder an uns zurückzahlen“.

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